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Ich bin kein Getriebener.

MICHAEL STRUGL

Wirtschafts-Landesrat OÖ

Samstagvormittag. Der Himmel ist viel 
zu dunkel für diese Tageszeit und das 
windige, kalte, verregnete Wetter alles 
andere als einladend für eine Laufrun-
de. Dennoch treffen wir auf der Linzer 
Donaulände Michael Strugl in seinem 
Laufdress. Ganz zufällig ist das natür-
lich nicht – wir haben uns mit ihm zum 
Interview mit Fotoshooting verabredet 
und eigentlich trug er kurz zuvor noch 
Anzug mit Krawatte. Sein Tagesab-
lauf gleicht aber durchaus einem Ma-
rathon – er kommt gerade von einem 

Termin und muss in einer Stunde zum 

nächsten. Die Strecke, auf der wir ihn 
fotografieren, komme ihm aber äußerst 
bekannt vor, zählt sie doch zu seinen 
Laufstrecken, auf denen er pro Woche 
25 bis 30 Kilometer zurücklegt. „Das 
brauche ich ganz einfach, weil Laufen 
nicht nur für physisches Wohlbefinden 
sorgt, sondern auch mental gut ist, um 
nachdenken und abschalten zu kön-
nen“, erzählt er. Zusätzlich mache er 
einmal wöchentlich Krafttraining.

Eine sportliche Herausforderung ist 
auch das Ziel, den Anschluss von Ober-
österreich an die industriellen Spitzen-
regionen Europas zu schaffen. Warum 
hat man im Standort-Ranking derart an 

Wettbewerbsfähigkeit verloren? 

STRUGL_Andere 

Standorte 

haben 

aufgeholt, haben ihre Hausaufgaben 
gemacht und sind deswegen auf der 
Überholspur. Österreich ist in der Ent-
wicklung im Wesentlichen stehenge-
blieben und hat keinen Sprung mehr 
gemacht. Wir haben unsere Hausauf-
gaben nicht vollständig erledigt, die 
Strukturreformen fehlen noch. Die 
wesentlichen Faktoren, auf die wir set-
zen müssen, sind die Treiber im Wett-
bewerb: nämlich unsere Innovations-
kraft und vor allem auch die Frage der 
Qualifikation der Mitarbeiter – das sind 
die entscheidenden Wettbewerbsvor-
teile. Da muss Österreich noch etwas 

tun: Wir haben auf der Kostenseite zu 
hohe Belastungen, hohe Steuern, hohe 
Lohnnebenkosten, wir brauchen drin-
gend im Bereich Deregulierung einen 
Befreiungsschlag und wir brauchen 
mehr Forschung und Entwicklung. Und 
vor allem einen wirklichen Fortschritt 
in der Reform des Bildungssystems. 

Inwiefern beeinflusst die Landtagswahl 
im Herbst Ihr derzeitiges Bemühen, die-
se Reformen durchzusetzen? Bremsend 
oder beflügelnd?

STRUGL_

(schmunzelt) Nun ja, wenn 

wahlpolitische Motive sachliche Fragen 
überlagern, kann das kontraproduktiv 

sein. Aber ich kann versichern, dass 
meine Arbeit von den Wahlen nicht di-
rekt beeinflusst wird - was wir uns auf 
die Agenda gesetzt haben, das machen 

wir jetzt auch. Aber je näher wir zum 
Wahltag kommen, desto mehr merkt 
man natürlich die Begleitmusik. Ich 

sehe das relativ entspannt. Ich habe 
viele Wahlkämpfe erlebt – sie sind Stür-
me, die vorüberziehen. Also ich glaube, 
es wird uns in Oberösterreich nicht be-
sonders aufhalten. 

„Österreich ist stehengeblieben“ haben 

Sie vorhin gesagt. Die IV OÖ spricht 
sogar vom bundespolitischen Reform-
stillstand, der immer besorgniserregen-
der für den Wirtschaftsstandort wird. 

Welchen Einfluss hat die Landespolitik 

hier überhaupt?

STRUGL_Die Landespolitik muss auch                
ihre Hausaufgaben machen. Das heißt, 
wir brauchen Investitionen in For-
schung und Entwicklung. Wir müssen 
in Zukunftstechnologien und in die 

Technologieführerschaft investieren – 

Stichwort Industrie 4.0. Wir brauchen 
die wesentlichen Infrastrukturvoraus-
setzungen, die für wettbewerbsfähige 
Standorte selbstverständlich sind, bei-
spielsweise Breitbandtechnologie. Wir 
müssen in die Humanressourcen in-

vestieren, damit wir einfach die besten 
und qualifiziertesten Fachkräfte haben. 
Da kann die Landespolitik auch etwas 
bewegen. 

Genau diese Fachkräfte werden durch 
den demographischen Wandel aber 
immer rarer. Was tun Sie, um fehlende 

Arbeitskräfte aufzutreiben? 

STRUGL_ Wir wissen, dass wir bis 2020 
circa 30.000 zusätzliche Fachkräfte 
brauchen. Wir haben daher eine Fach-
kräftestrategie entwickelt, bei der wir 
aus der bestehenden Erwerbsbevöl-
kerung fünf Potentialgruppen identifi-
zieren, wo diese Fachkräfte sozusagen 
herausgekitzelt werden können. Wir 
können das bei jungen Menschen durch 
chancenorientierte 

Schwerpunktset-

zung in der Aus- und Weiterbildung tun, 
aber auch bei den Frauen, bei den Mig-
ranten, bei älteren Arbeitnehmern und 

bei Mitarbeitern mit gesundheitlichen 
Einschränkungen müssen wir noch 
Fachkräfte mobilisieren. Hinzu kommt 
die qualifizierte Zuwanderung, die wir 
letztlich auch brauchen werden. Und so 
werden wir die Lücke schließen können. 

Aber wie kann die qualifizierte 

Zuwanderung funktionieren – welche 
Kriterien sind wichtig für diese Men-
schen, damit sie sich für Österreich als 
Lebens- und Arbeitsraum entscheiden? 
Im Kampf um diese Fachkräfte sind wir 
ja auch im Wettbewerb mit anderen 
Ländern.

STRUGL_Ganz genau, und leider hat 
Österreich diese Entwicklung ein biss-
chen verschlafen. Andere Staaten ha-
ben ihre Anstrengungen längst ver-
stärkt, um qualifizierte Zuwanderung 
zu bekommen. Bei uns ist man eher auf 
der Bremse gestanden - zum Teil, weil 
wir eine politische Diskussion geführt-
haben, die längst überholt war. Nämlich 
die Frage, ob wir überhaupt Zuwande-
rung brauchen. Das ist längst entschie-