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Für mich ist Bier ein Kulturgetränk, für uns, für unsere Gegend, ein
Produkt, mit dem viel Geschichte und viel Zukunft verbunden wird.
GÜNTHER SEELEITNER
Braumeister Brauerei Kaltenhausen
ckiert über die neue Sorte“, erinnert sich
Seeleitner. Schuld daran waren falsche
Erwartungen: Sie rechneten mit einem
intensiv süßen Bier. „Man kann diese
Biere nicht einfach einem normalen Kon-
sumenten ohne Erklärung und Beschrei-
bung vorsetzen, damit kann man ver-
schrecken“, sagt Seeleitner. Mittlerweile
gibt es zu den Sorten wie Riesling Style,
Maroni Style oder Coffee Style eine Ge-
nussempfehlung mit Speisebegleitung.
Denn in Kaltenhausen will man nicht nur
die Biervielfalt erhöhen, sondern mehr
Menschen für das Getränk interessie-
ren, sie weiterbilden und dem Bier zu ei-
nem anderen Stellenwert verhelfen. Der
Braumeister selbst beobachtet die Ent-
wicklung seit Jahrzehnten, sie ist eine
gewaltige. „Es gab Zeiten, da wurde je-
mand belächelt, der sich nur eine Halbe
statt einer Maß bestellt hat“, sagt See-
leitner, „heute hat Bier eine ganz andere
gesellschaftliche Akzeptanz“. Hätte man
früher etwa kaum Frauen Bier trinken
gesehen, sei das heute ganz normal. Im-
mer mehr Gastronomen würden auf eine
angemessene Präsentation des Bieres
Wert legen, sechs- oder siebengängige
Menüs mit Bierbegleitung werden ange-
boten. In Kaltenhausen geht man einen
besonderen Weg, um mehr Menschen
für Bier zu begeistern: Regelmäßig fin-
den Ausbildungen zum Biersommelier
statt, die von Seeleitner persönlich ge-
leitet werden. „Wir wollen die Teilnehmer
heranbilden und interessieren.“ Neben
einem theoretischen Teil darf auch die
Praxis nicht zu kurz kommen. „Danach
sind sie in der Lage, daheim ihr eigenes
Bier herzustellen.“
Spezialitäten als
i-Tüpfelchen
Wir gehen zurück in den Braugasthof,
wo mittlerweile zahlreiche Gäste aus
der Umgebung und einige Touristen
Mittag essen. Direkt zwischen ihnen:
zwei gewaltige Kessel, die Maische-
pfanne und die Sudpfanne. Hier – un-
ter den Augen der Besucher – wird das
gesamte Bier gebraut. Ein intensiver,
süßlicher Geruch von Malz liegt in der
Luft. „Pro Sud produzieren wir 2.000 Li-
ter“, sagt Seeleitner, „alle unsere Biere
sind aus diesem Sudhaus.“ Im Keller
des Gebäudes wird vergoren, dort sind
zwei weitere erfahrene Brauer am Werk.
Nun genehmigt sich auch der Brau-
meister selbst ein Bier. Wenn er spricht,
spürt man seine Begeisterung für das
Produkt. Was bedeutet eigentlich Bier für
ihn? „Für mich ist Bier ein Kulturgetränk,
für uns, für unsere Gegend, ein Produkt,
mit dem viel Geschichte und viel Zukunft
verbunden wird“, sagt er. Ein Genussmit-
tel und Durstlöscher, der die Menschen
zusammenbringt. Die nächsten Produk-
te mit viel Geschichte hat Seeleitner
schon geplant – seine Inspiration für die
oft echt überraschenden Rezepte holt
er sich manchmal aus Lehrbüchern, die
teilweise hunderte Jahre alt sind. In ei-
nem Punkt ist er sich aber sicher: Die
herkömmlichen Bierstile, die jeder kennt
und die oft zu Unrecht abwertend gemeint
mit „Mainstream“ bezeichnet werden,
werden auch in Zukunft den Markt do-
minieren. „Bierspezialitäten erobern sich
gerade einen Platz – dieser Platz ist aber
begrenzt“, sagt er. Denn Spezialitäten wie
das Kaltenhauser Maroni Style sollen und
werden immer das i-Tüpfelchen für jeden
Biergenießer bleiben, glaubt Seeleitner._