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Zeitung lesen kann, werden sicher noch
einige Jahre auf sich warten lassen. Da
muss sich die Automobil-Branche ständig
neu erfinden. Hier bewegt sich die Bran-
che teils außerhalb des eigenen Kern-
kompetenzbereichs – was man auch an
der wachsenden Konkurrenz durch Bran-
chenneulinge wie Google erkennen kann.
Kurz zurück in die Gegenwart. Herr
Löffler, wie sehen Sie den wirtschaft-
lichen Status Quo der heimischen
Automobilindustrie?
LÖFFLER_In Zahlen ausgedrückt: Laut
Wirtschaftskammer wurden 2014 in Ös-
terreich 283.000 Fahrzeuge produziert.
Darüber hinaus wurden 2,4 Millionen Mo-
toren und Getriebe hergestellt. Dann gibt
es noch zusätzliche Produkte wie Prototy-
penbau, Aufbauten, Auspuffsysteme, Gleit-
lager und Bremsteile. Das heißt, dass sich
insgesamt 700 heimische Unternehmen
mit dem Automotive-Bereich beschäfti-
gen, 450.000 Arbeitsplätze stehen im di-
rekten und indirekten Zusammenhang mit
der Branche. Auch technologisch behaup-
tet sich Österreich hervorragend – unse-
re Antriebssysteme sind weltweit gefragt
und haben einen Exportanteil von circa 90
Prozent. Die Bedeutung der Automotive
Industrie für Österreichs Wirtschaft
ist also sehr stark.
Auch in Zukunft? Vor welchen Heraus-
forderungen steht die heimische Auto-
motive Branche?
LÖFFLER_Was die technologische Seite
betrifft, sind die Herausforderungen die
alternativen Antriebsmöglichkeiten sowie
die Konnektivität, also die Vernetzung von
Fahrer und Fahrzeug mit dem Internet
und mit anderen Verkehrsteilnehmern.
Lokal betrachtet ist sicher das Thema
Arbeitszeit eine große Herausforderung
– ich glaube, dass es hier in Zukunft zu
einer Flexibilisierung kommen muss. Die
vorhandenen Arbeitszeitmodelle müssen
kritisch hinterfragt und alternative Mög-
lichkeiten gesucht werden. Es sollte gelin-
gen, dass die heute teilweise vorhandenen
starren Schemen verlassen werden kön-
nen und beide Seiten – sowohl Arbeitgeber
als auch Arbeitnehmer – davon profitieren.
Der zweite Punkt sind die Lohnkosten, die
im Vergleich zu den Mitbewerbern in den
osteuropäischen und zentraleuropäischen
Regionen trotz einer sehr hohen Produk-
tivität immer mehr unter Druck kommen.
Um für dieses Thema wettbewerbsfähige
Lösungen zu finden – aber auch für die
Schaffung von optimalen steuerlichen
Rahmenbedingungen – sollte der Schul-
terschluss zwischen Wirtschaft und Politik
noch verstärkt werden.
Herr Mitterbauer, wie erleben Sie als
Unternehmer den Standort Österreich
mit seinen Rahmenbedingungen?
MITTERBAUER_Wir haben heute 5.200
Mitarbeiter weltweit und davon etwa 2.300
in Österreich. Also ist Österreich für uns
der größte Produktionsstandort, außer-
dem haben wir hier die Zentrale und
Verwaltung. Wir haben mittlerweile auch
1.300 Mitarbeiter in der Slowakei. Unser
Grundsatz ist ja „local to local“ zu produ-
zieren – also in Europa für Europa, in Asi-
en für Asien, in den USA für den nordame-
rikanischen Markt. Das heißt, die Gefahr
ist nicht, dass wir europäische Produk-
tionen nach China auslagern. Aber sehr
wohl stellen wir uns die Frage, was wir
in Österreich und was wir in der Slowa-
kei produzieren. Und hier muss ich schon
feststellen, dass wir immer mehr gezwun-
gen sind, in der Slowakei zu produzieren,
weil die Qualität der Mitarbeiter und damit
auch die Qualität der Produkte dort eine
sehr hohe ist. Unsere Kunden erwarten
natürlich von uns eine hohe Qualität zum
günstigsten Preis. Ein großes Thema sind
auch die Kosten. Bei uns kostet ein Mitar-
beiter, der fünf Jahre an einer Maschine
bei uns arbeitet in Österreich mehr als das
Dreifache im Vergleich zu einem Slowa-
ken. Früher waren diese vielleicht weniger
qualifiziert, doch der Unterschied wird
immer kleiner. Es ist dringend notwendig,
dass wir die Lohnnebenkosten in Griff be-
kommen – für die Wettbewerbsfähigkeit
des Standortes und dafür, dass auch Ar-
beitsplätze erhalten bleiben in Österreich
und nicht abwandern. Und das Zweite ist
– wie Herr Löffler schon gesagt hat – das
Thema Arbeitszeitflexibilisierung. Den
Takt gibt der Kunde vor: Er entscheidet,
wann er die Teile braucht und wann er die
Autos baut, danach müssen wir uns rich-
ten. Unsere Mitarbeiter sind grundsätzlich
so flexibel, aber es muss eben auch recht-
lich erlaubt sein.
Wie werden sich die Kundenansprüche
in Zukunft entwickeln?
MITTERMAIR_Die Vernetzung zwischen
Fahrer und Internet wird eine wesentliche
Rolle spielen und in diesem Zusammen-
hang wird es darum gehen, ob die IT-Un-
ternehmen Zulieferer von Autoproduzen-
ten bleiben oder ob die Produzenten eher
Zulieferer der IT-Unternehmen werden.
Die Frage ist also: Bleibt der Autoprodu-
zent Dirigent oder wird er zum Mitspieler
im Orchester? Denn dass die Autos zu gi-
gantischen Datengenerierungsmaschinen
werden, steht außer Frage.
Es werden sich also viele neue
Geschäftsmodelle entwickeln?
MITTERMAIR_Ja, sehr viele! Durch die
Vernetzung mit sozialen Netzwerken
werden die Daten auch ganz systema-
tisch eingesetzt und weitergegeben – die
jungen Leute sind durchaus bereit, die
Daten herzugeben, sie wachsen damit
auf. So können zum Beispiel Versiche-
rungen die Daten verwenden, um ihr
Prämiensystem zu gestalten – bei einer
gefährlichen Fahrweise wird die Prä-
mie höher sein als bei einer moderaten.
Auch eine Vernetzung mit Ärzten, um
den Gesundheitsbereich zu überwachen,
ist möglich. Reise buchen, Check-in im
Helge Löffler
KPMG Linz, Partner und Leiter
Flexible Arbeitszeitmodelle,
wettbewerbsfähige Lohnkosten
und Steuern sind die
strukturellen Stellschrauben
für eine erfolgreiche Zukunft
unserer Automotive-Industrie.