134
das war zwischenzeitlich nicht in Stein
gemeißelt. Gegen Ende der 70er Jahre
kam es zur großen Krise der mechani-
schen Uhr. Carmann erlebte das noch
nicht mit, er hat sich aber genau mit
dieser Zeit beschäftigt. „Damals wollte
jeder eine Uhr mit Digitalanzeige, die
gerade neu war“, sagt er. In der Folge
mussten zahlreiche kleine Uhrmanufak-
turen in der Schweiz schließen. Mittler-
weile ist der Trend aber längst beendet.
„Als ich mit der Uhrmacher-Schule ange-
fangen habe, war die Entwicklung schon
wieder vorbei“, sagt Carmann, „mittler-
weile steigt der Stellenwert der Uhr seit
Jahren wieder stark an, ich merke das,
weil die Uhren viel öfters zum Service
gebracht werden“. Wie ist es eigentlich
möglich, dass sich die Armbanduhr mit
einer eigentlich älteren Technologie
so gut gegen die genauere Digitaluhr
durchsetzt? Der Uhrmacher kennt die
Frage und hat einen passenden Ver-
gleich parat. „Man kann eben auch mit
einem Flugzeug unspektakulär von A
nach B fliegen, man kann aber genau-
so mit einer restaurierten kleinen Jacht
den abenteuerlicheren Weg wählen“,
sagt er. Digital oder mechanisch – da-
hinter steckt für ihn eine philosophische
Frage. Welche Prioritäten und Wertig-
keiten sind dem Träger wichtig? Ist Zeit
nur etwas, das ich ablese, oder will ich
mir etwas zulegen, das mich mein rest-
liches Leben begleitet?
Zwischen Tradition und
Innovation
Carmann hat sich jedenfalls dafür
entschieden, dass ihn die Uhren sein
restliches Leben begleiten, er bereut
diese Entscheidung nicht. In Österreich
selbst gibt es keine Uhrenindustrie. Für
jemanden, der das Handwerk lernen
will, bedeutet das: Erfahrungen im
Ausland machen. „Wer etwas in dieser
Branche erreichen will, muss in die
Schweiz“, sagt Carmann. Mit einer guten
Ausbildung hat man dann freie Wahl.
so einen langen Zeitraum entwickeln
sich gute Kontakte und manchmal auch
Freundschaften“, sagt er. Nicht selten
käme es vor, dass ein Kunde sich dann
nach 15 Jahren doch dazu entschließt,
noch ein zweites Modell mit nach Hause
zu nehmen. Diese Stammkunden sei-
en die besten Werbeträger für Liedl, sie
hätten oft ein großes Umfeld, würden in
diesem über ihre Rolex erzählen, und
eventuell neue Personen für den Kauf
motivieren.
Der abenteuerliche Weg
Dass hochwertige Armbanduhren auch
heute noch ein Statussymbol sind und
Rolex weiterhin höchst erfolgreich ist –
mitte: Das Liedl-Team
unten: Rolex-Gründer Hans Wilsdorf vergab 1954
die Rolex-Konzession persönlich an Liedl