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das war zwischenzeitlich nicht in Stein 
gemeißelt. Gegen Ende der 70er Jahre 
kam es zur großen Krise der mechani-
schen Uhr. Carmann erlebte das noch 
nicht mit, er hat sich aber genau mit 
dieser Zeit beschäftigt. „Damals wollte 
jeder eine Uhr mit Digitalanzeige, die 
gerade neu war“, sagt er. In der Folge 
mussten zahlreiche kleine Uhrmanufak-
turen in der Schweiz schließen. Mittler-
weile ist der Trend aber längst beendet. 

„Als ich mit der Uhrmacher-Schule ange-

fangen habe, war die Entwicklung schon 
wieder vorbei“, sagt Carmann, „mittler-
weile steigt der Stellenwert der Uhr seit 

Jahren wieder stark an, ich merke das, 

weil die Uhren viel öfters zum Service 
gebracht werden“. Wie ist es eigentlich 
möglich, dass sich die Armbanduhr mit 

einer eigentlich älteren Technologie 
so gut gegen die genauere Digitaluhr 
durchsetzt? Der Uhrmacher kennt die 
Frage und hat einen passenden Ver-
gleich parat. „Man kann eben auch mit 
einem Flugzeug unspektakulär von A 
nach B fliegen, man kann aber genau-
so mit einer restaurierten kleinen Jacht 
den abenteuerlicheren Weg wählen“, 
sagt er. Digital oder mechanisch – da-
hinter steckt für ihn eine philosophische 
Frage. Welche Prioritäten und Wertig-
keiten sind dem Träger wichtig? Ist Zeit 
nur etwas, das ich ablese, oder will ich 
mir etwas zulegen, das mich mein rest-
liches Leben begleitet? 

Zwischen Tradition und 
Innovation

Carmann hat sich jedenfalls dafür 
entschieden, dass ihn die Uhren sein 
restliches Leben begleiten, er bereut 
diese Entscheidung nicht. In Österreich 
selbst gibt es keine Uhrenindustrie. Für 
jemanden, der das Handwerk lernen 
will, bedeutet das: Erfahrungen im 
Ausland machen. „Wer etwas in dieser 
Branche erreichen will, muss in die 
Schweiz“, sagt Carmann. Mit einer guten 
Ausbildung hat man dann freie Wahl. 

so einen langen Zeitraum entwickeln 
sich gute Kontakte und manchmal auch 
Freundschaften“, sagt er. Nicht selten 
käme es vor, dass ein Kunde sich dann 
nach 15 Jahren doch dazu entschließt, 
noch ein zweites Modell mit nach Hause 
zu nehmen. Diese Stammkunden sei-
en die besten Werbeträger für Liedl, sie 
hätten oft ein großes Umfeld, würden in 
diesem über ihre Rolex erzählen, und 
eventuell neue Personen für den Kauf 
motivieren. 

Der abenteuerliche Weg

Dass hochwertige Armbanduhren auch 
heute noch ein Statussymbol sind und 
Rolex weiterhin höchst erfolgreich ist – 

mitte: Das Liedl-Team 

unten: Rolex-Gründer Hans Wilsdorf vergab 1954 
die Rolex-Konzession persönlich an Liedl