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WAS WIR BALD BRAUCHEN
IST KEINE WELTKLIMARETTUNG,
SONDERN EIN
ARTENSCHUTZPROGRAMM
FÜR DIE INDUSTRIE.
MANFRED HAIMBUCHNER
FPÖ-LANDESRAT FÜR WOHNBAU UND NATURSCHUTZ
die Planbarkeit und Berechenbarkeit der
Politik und zum Anderen die Gestaltung
von Klimaschutz auf eine Art und Weise,
bei der man auch wirtschaftlich profitiert.
Als erfolgreiches Beispiel nennt er die
voestalpine. Diese stellte 2004 den An-
trag, die Produktion in Linz massiv zu er-
höhen. Nach einigen Verhandlungen fand
man eine Lösung, um dies trotz strenger
Umweltauflagen zu ermöglichen. Anstatt
jedem Anlagenteil einzeln Emissionso-
bergrenzen vorzuschreiben, wurde eine
Gesamtobergrenze fixiert. Durch Verbes-
serung der Emissionswerte alter Anlagen
konnte die Voest somit Emissions-Kapa-
zitäten für Neuanlagen schaffen. Dafür
entwickelte die voestalpine neue Techno-
logien, die mittlerweile weltweit verkauft
werden. „Die Linzer Luft hat sich drastisch
verbessert, die voestalpine ist wirtschaft-
lich hoch erfolgreich. Noch dazu haben wir
den Stand der Technik neu definiert“, so
Anschober.
Haimbuchner aber warnt: „Tatsache ist,
dass Investitionen außerhalb von Öster-
reich stattfinden. Voestalpine-Chef Wolf-
gang Eder warnt regelmäßig davor, dass
Österreich als Industriestandort gefähr-
det ist - ich glaube der weiß es besser
als Landesrat Anschober.“ Im April 2014
wurde mit dem Bau einer neuen Anlage
in Texas um 550 Millionen Euro begon-
nen. Anschober beschwichtigt: „Es han-
delt sich um eine Zusatzproduktion, keine
Ersatzproduktion.“ Jeder Konzern der
Welt gehe dorthin, wo der Markt sei und
ein Teil des Marktes sei eben in den USA.
„Die voestalpine hat in unterschiedlichen
Regionen der Welt nach einem geeigneten
Standort gesucht, und sich für Texas ent-
schieden. Das bedeutet aber nicht, dass
es auch nur einen Kilogramm weniger
Stahlproduktion in Linz gibt.“
Auch die IV OÖ führt die voestalpine als
Beispiel an. Die voestalpine sei der Stahl-
hersteller mit dem geringsten CO
2
-Aus-
stoß weltweit, bezahle aber die höchsten
CO
2
-Abgaben. „Es werden diejenigen zur
Kassa gebeten, die ihre Hausaufgaben
gemacht haben, wogegen andere keine
vergleichbaren Auflagen haben“, sagt
IV OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-
Grutsch. Die IV OÖ plädiert daher für eine
bessere Integration von Klimaschutz und
Industrie. Eine gelungene Integration wür-
de in Oberösterreich nur wenige Industrie-
Arbeitsplätze kosten und langfristig mehr
als 5.200 Arbeitsplätze im Umweltbereich
schaffen. Derzeit bewege man sich aller-
dings in Richtung Worst-Case-Szenario.
Wirtschaftsverträglicher
Klimaschutz
Das Zwischenfazit lautet demnach: Das
Land verträgt Klimaschutz, solange er im
richtigen Ausmaß und in Zusammenar-
beit mit der Wirtschaft gestaltet wird. Wie
aber kann dies konkret umgesetzt wer-
den? Zwischen Anschober, Haimbuch-
ner und Haindl-Grutsch gibt es einen
gemeinsamen Nenner: Der sparsame
Umgang mit Ressourcen, vor allem mit
Energie. „Ich unterstütze den Umstieg
auf neue Technologien, die weniger Ener-
gie verbrauchen“, so Haimbuchner. „Das
tun die Unternehmer aber aus rationalen,
ökonomischen Überlegungen sowieso.“
Anschober weist darauf hin, dass Un-
ternehmen, die umweltfreundlicher pro-
duzieren wollen, die kostenlosen Bera-
tungsangebote des Energiesparverbands
und des Klimabündnisses in Anspruch
nehmen können.
Für eine zielführende Energieumstellung
sei aber eine EU-übergreifende Energie-
politik nötig, welche die Stärken der jewei-
ligen Region nutzt, sind Haindl-Grutsch
und Haimbuchner einer Meinung. Öster-
reich habe vor allem Potenzial im Bereich
der Wasserkraft und solle sich darauf
konzentrieren. Anschober hingegen setzt
auf eine Mehrpunktstrategie, da diese
weniger krisenanfällig sei. Vor allem
im Bereich der Wasserkraft, Wind- und
Sonnenenergie sei ein weiterer Ausbau
geplant. Eine aktuelle Potenzialanalyse
zeigt beispielsweise, dass durch Erneue-
rung bestehender Wasserkraftwerke bis
zu 35 Prozent mehr Output erreicht wer-
den könne. Laut Anschober ist Österreich
im Bereich der Energieeffizienz und der
erneuerbaren Energieträger vorbildlich
unterwegs. Derzeit befinde man sich bei
80 Prozent erneuerbarer elektrischer
Energie, das Erreichen von 100 Prozent
sei also gut möglich.
Haimbuchner hingegen hält sowohl die
Ziele der Roadmap 2050 der EU als auch
die von Schwarz-Grün angestrebte Ener-
giezukunft 2030 für unrealistisch. Ober-
österreich habe einen Endenergiever-
brauch von über 16.000 Gigawattstunden,
davon seien 40 Gigawattstunden Strom
aus Windkraft und Photovoltaik. Das Ziel,
bis 2030 in Oberösterreich von fossilen