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das nimmt so viel wertvolle Zeit von den
Kindern! Ansonsten sind die Kindergärten
mit dem verpflichtenden letzten Kinder-
gartenjahr und der Sprachförderung auf
einem sehr guten Weg.
Noch einmal kurz zurück zu Schweden
– dort steigen Eltern sehr früh nach der
Geburt des Kindes wieder im Beruf
ein. Was wohl aber auch daran liegt,
dass man in Schweden maximal 18
Lebensmonate von der Arbeit vollstän-
dig fern bleiben kann. Wäre so eine
Regelung auch für Österreich denkbar
oder will man hier die Wahlfreiheit
beibehalten?
STELZER
_Ich bin überzeugt, dass es eine
Wahlfreiheit bleiben muss – auch was
den Zeitpunkt anbelangt. Aber die Be-
treuungsmöglichkeiten für Unter-Drei-
Jährige müssen definitiv ausgebaut wer-
den – das ist ja derzeit Schritt für Schritt
geplant.
FOISSNER-RIEGLER
_Vor allem auch im ländli-
chen Raum.
STELZER
_Und was wir uns von den Schwe-
den abschauen können, ist sicher die Ein-
beziehung der Väter – also mehr Verant-
wortung der Väter in der Kinderbetreuung
und damit auch mehr Karrierechancen
für Mütter. Das wird aber nicht von heute
auf morgen funktionieren, da steckt auch
ein gesellschaftlicher Bewusstseinsbil-
dungsprozess dahinter. Dabei kann man
vielleicht mit dem Kinderbetreuungsgeld
noch ein bisschen motivierend einwirken.
PUMBERGER
_Zum
Kinderbetreuungsgeld
möchte ich noch etwas sagen: Das ist
seit vierzehn Jahren nicht angehoben
worden. Das heißt, ich habe einen Wert-
verlust von 30 Prozent. Da ist der katho-
lische Familienverband schon einer, der
fordert, dass das geändert gehört! Denn
die Entscheidung, in Karenz zu gehen,
muss auch im Sinne einer Geldleistung
attraktiv sein, sonst kann sich das keine
Familie leisten.
STELZER
_Das ist natürlich immer die Fra-
ge, die sich die Politik stellen muss: Wie
leistbar ist etwas, wie kann man etwas
unterstützen? Wir müssen also sicher
darauf schauen, dass sich Familien
nicht nur in Bezug auf Wohnraumschaf-
fung, sondern auch bei der Freizeitge-
staltung und bei vielen anderen Dingen
willkommen fühlen. Es darf zum Bei-
spiel kein finanzielles Abenteuer sein,
wenn ich einmal mit drei Kindern Ski
fahre. Die Familienkarte ist dabei eine
kleine Hilfe.
Neben all dem Glück bedeuten Kinder
also natürlich auch mehr Ausgaben,
eine geänderte Einkommenssituation
durch einen zeitweisen Ausstieg aus
dem Beruf oder Teil- statt Vollzeit. Hin-
zu kommt die Angst vor dem Karriere-
knick. Sie haben sich trotzdem beide
für Kinder entschieden, arbeiten jetzt
Teilzeit und verfolgen weiterhin ihre
Karriere.
REITINGER
_Es ist natürlich schon eine Ent-
scheidung, die man gemeinsam als Paar
treffen muss – geht es sich aus, wenn
einer Teilzeit arbeitet? Vorher war ich ja
vollzeitbeschäftigt. Aber für uns passt es,
weil einfach das Gesamtpaket stimmt.
FOISSNER-RIEGLER
_Man hat die Möglichkeit,
einen verantwortungsvollen, gestalteri-
Andreas
Pumberger
VORSITZENDER DES KATHOLISCHEN
FAMILIENVERBANDES UND GESCHÄFTSFÜHRER
DES SCHULVEREINS DER KREUZSCHWESTERN,
VATER VON DREI KINDERN
Die Entscheidung,
in Karenz zu gehen, muss
auch im Sinne einer
Geldleistung attraktiv sein.
Sonst kann sich das
keine Familie leisten.
Thomas
Stelzer
KLUBOBMANN DES ÖVP LANDTAGSKLUBS,
LANDESOBMANN DES OÖ FAMILIENBUNDES,
VATER VON ZWEI KINDERN
Beides muss wertgeschätzt
und akzeptiert werden:
Sowohl der Wunsch, Kinder
noch länger zuhause zu
betreuen, als auch die
Entscheidung, Kinder in die
Betreuung zu geben.
STELZER
_Bei uns im Familienbund wird das
immer mehr nachgefragt – viele Firmen
wollen das ihren Mitarbeitern bieten. Bis
jetzt sind es vor allem große Firmen, aber
auch immer mehr kleinere interessieren
sich dafür und wollen sich zum Beispiel
mit Nachbarbetrieben zusammentun.
Schweden wird in Sachen Kinderbetreu-
ung oft als Vorbild gehandelt – Kinder-
gärten gelten dort als Bildungseinrich-
tung. Wie sieht das in Österreich aus?
PUMBERGER
_Ich glaube schon, dass sich der
Kindergarten in den letzten Jahren auch
in Österreich stark verändert hat – von
einer Art Beaufsichtigungsanstalt hin zur
Bildungseinrichtung. Wenn ich mir unsere
kindergartenpädagogische Ausbildung bei
den Kreuzschwestern anschaue, dann be-
stätigt sich das. Was ich allerdings schon
anmerken und dabei an die Politik appel-
lieren möchte: Der Bürokratieaufwand in
Kindergärten ist wirklich unzumutbar –