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STELZER
_Ja, das stimmt absolut, da gibt
es noch viel zu tun! Was die Pension be-
trifft, müssen meiner Meinung nach vier
Jahre pro Kind – egal wann es zur Welt
kommt – angerechnet werden. Auch bei
der Steuer muss in absehbarer Zeit noch
mehr kommen, weil ein Kind einfach
sehr viel mehr Aufwendungen bedeutet.
Der katholische Familienverband
hatte ganz konkrete Forderungen an
die Steuerreform – etwa ein steuer-
freies Existenzminimum für jedes
Familienmitglied, Entlastung der
Steuerzahlungen, Unterstützung von
Mehrkind-Familien ... inwiefern erfüllt
die Steuerreform diese Forderungen?
PUMBERGER
_Ich denke, da wurde ein Signal
versäumt, da ist einfach nichts passiert.
Natürlich bedeutet Politik immer, das zu
schaffen, was möglich ist. Aber unter den
derzeitigen finanziellen Rahmenbedingun-
gen, wahrscheinlich auch mit dem Koa-
litionspartner, war es nicht möglich. Zum
Einen hat der ÖGB ein 50-seitiges Steuer-
reformpapier vorgelegt, in dem kein einzi-
ges Mal das Wort „Familie“ vorkommt. Zum
Anderen wurde der von der ÖVP ursprüng-
lich versprochene 7000-Euro-Steuerfrei-
betrag nicht erfüllt. Diese zwei Positionen
sind natürlich nicht zusammengekommen.
STELZER
_Die Idee mit dem 7000-Euro-Steu-
erfreibetrag haben wir weiterhin auf unse-
rer Agenda. Die Umsetzung war jetzt nicht
möglich und zeigt uns, dass wir da einfach
noch mehr Schritte tun müssen.
Welche Schritte?
STELZER
_Eben zum Beispiel steuerliche
Anreize für Familien oder eine volle An-
rechnung von Kinderbetreuung bei Pensi-
onsansprüchen. Ganz wichtig ist mir auch,
bei den Kinderbetreuungsformen einen
nächsten wichtigen Schritt zu tun – in Rich-
tung Flexibilität. Den Ausbau haben wir be-
reits gut vorangetrieben und beschäftigen
uns auch weiterhin damit. Jetzt geht es
aber darum, in diese großen Systeme noch
mehr Flexibilität hinein zu bringen. Es geht
um eine bessere Abstimmung zwischen
dem Angebot an Kinderbetreuung und den
Anforderungen der Arbeitswelt.
Wie erleben Sie, Frau Reitinger und
Frau Foißner-Riegler, die öffentlichen
Kinderbetreuungseinrichtungen – brau-
chen Sie zusätzliche Unterstützung?
REITINGER
_Ich denke, zu 95 Prozent kann
ich mich auf die öffentlichen Kinderbe-
treuungseinrichtungen verlassen. Mein
vierjähriger Sohn besucht den Kindergar-
ten, der Zweijährige geht in die Krabbel-
stube. Der Kindergarten ist bis 17 Uhr, die
Krabbelstube bis 16 Uhr geöffnet. Und ich
muss sagen, ich bin schon sehr froh, dass
sich beide dort wohl fühlen, denn sonst
würde es mir schwer fallen, sie dort zu
lassen. Für den Notfall habe ich natürlich
auch noch die Oma.
FOISSNER-RIEGLER
_Bei mir ist es ein bisschen
anders, denn bei uns ist die Krabbelstube
nur bis Mittag geöffnet, das würde ohne
Oma überhaupt nicht gehen. Die Große
ist schon in der Schule, da funktioniert die
Betreuung wunderbar mit Hort und einem
sozialen Netzwerk, das wir uns aufgebaut
haben.
Gibt es Verbesserungswünsche für Kin-
dergarten und Krabbelstube?
REITINGER
_Der einzige Wunsch betrifft die
Flexibilität bei den Abgabezeiten. Das gro-
ße Thema ist ja generell, den Anforderun-
gen gerecht zu werden, welche die Berufe
mit sich bringen. Perfekt wäre natürlich,
wenn die Öffnungszeiten des Betriebes
mit den Öffnungszeiten der Kinderbetreu-
ungseinrichtung zusammenpassen. Wenn
aber etwa bei uns eine Bewerberin sagt,
sie könne nur von Montag bis Mittwoch
von 8 bis 12 arbeiten, weil sie nur in die-
ser Zeit eine Betreuung für ihre Kinder hat,
dann ist das natürlich sehr schwierig.
FOISSNER-RIEGLER
_Und deshalb bieten wir
heuer das erste Mal auf Eigeninitiative im
August eine interne Kinderbetreuung an
– die Nachfrage ist gut. Wir wollen damit
auch das Problem lösen, dass alle Eltern
im August Urlaub machen müssen, weil
sie es sonst nicht schaffen würden. Auch
in den Oster- und Weihnachtsferien wäre
das denkbar – bei uns sind die Ferienzei-
ten nun mal unsere Hauptbusinesszeiten.
Betriebskindergärten wie auch Be-
triebstagesmütter werden vom Land
gefördert. Wie wird das von den Unter-
nehmen angenommen?
Diskussionsrunde in der Galerie im PAUL'S
in Linz – mit Blick auf den Mariendom.