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permanenten Weiterbildung. Auch wenn
es etwas nach Phrasendrescherei klingt:
Angst vor neuen Antriebskonzepten?
Nein! Wenn wir in unserer Wettbewerbs-
fähigkeit top sind, dann ist mir auch hin-
sichtlich neuer Projekte nicht bange.
Über 4.100 Mitarbeiter – das ist natür-
lich eine enorme Verantwortung, die
Sie als Geschäftsführer tragen. Wie
geht man mit so einem Druck um?
GERHARD WÖLFEL
_Die Verantwortung ist letzt-
lich nicht größer als in jedem Kleinbetrieb
auch. Das Ganze ist ja auf eine starke
Organisation aufgebaut – und ich glaube,
ein wesentlicher Punkt ist, dass wir sehr
auf Vertrauen setzen. Mir ist wichtig, dass
eine gute Führungskultur herrscht – und
die zieht sich durch vom Vorarbeiter zum
Meister, über den Gruppenleiter zum Ab-
teilungsleiter bis hin zur Geschäftsleitung.
Da hat jeder einen Verantwortungsbe-
reich, jeder hat eine Tätigkeit, die er final
ausführt und jeder hat Mitarbeiter. Dieser
Verantwortung muss man sich bewusst
sein. Dazu braucht man eine gewisse
Toleranz, Akzeptanz und aber auch eine
Ausrichtung, die man hier vorgibt. Und
so ist die Anzahl der Mitarbeiter gar nicht
das Entscheidende. Es geht darum, wie
wir gemeinsam über alle Ebenen führen
– Mitarbeiterorientierung ist mir dabei ein
großes Anliegen.
Wie sieht diese Mitarbeiterorientierung
konkret aus?
WENN NUN ÜBERPROPORTIONAL VIEL
ELEKTROMOBILITÄT BENÖTIGT WERDEN SOLLTE, DANN
SETZE ICH SCHON AUF DIE INNOVATIONSKRAFT UND
UNSERE FACHARBEITER HIER. UND SCHLIESSE NICHT
AUS, DASS STEYR AUCH HIER EINMAL EINE ROLLE
SPIELEN KÖNNTE.
GERHARD WÖLFEL
GESCHÄFTSFÜHRER UND WERKSLEITER BMW-WERK-STEYR
Beiträge zur Erreichung der CO2-Ziele.
Und in Megacities wie Peking, Shanghai,
New York oder L.A. kann der Elektroan-
trieb im Bündel mit vielen anderen lokalen
Maßnahmen dazu beitragen, die Emissi-
onssituation dieser Ballungszentren nach-
haltig zu verbessern. Der Zuzug der Men-
schen in die Stadt hält ja unvermindert an.
Hier sind auch in Sachen individueller Mo-
bilität innovative Lösungen gefragt.
Maßnahmen wie etwa die Steuerbe-
freiung für Elektro-Dienstautos ebnen
diesen Weg zusätzlich. Ist da der Druck
bei einem Diesel- und Benzinmotoren-
Werk nicht groß?
GERHARD WÖLFEL
_Wenn man vergleicht, was
heute ein Elektrofahrzeug kostet, dann
ist die Batterie im Vergleich zum klassi-
schen Motor ein Kostenfaktor. Auch aus
diesem Grund ist es richtig, dass man An-
reize schafft, um dem Kunden die Angst
vor Neuem, vor einer neuen Technologie
zu nehmen. Letztlich steht aber das Pro-
dukt als Gesamtpaket am Prüfstand: Ein
Automobil wird nur dann erfolgreich sein,
wenn es dem Kunden den erwarteten
Nutzen bringt. Wir haben daher mit un-
seren BMW i-Modellen konsequent völlig
neue Automobile entwickelt - und nicht
nur ein bestehendes Modell mit einem
E-Motor ausgestattet. Und so können
wir das, was wir im Moment produzieren,
problemlos verkaufen – beim i8 gibt’s so-
gar lange Wartzeiten, das ist wirklich ein
Klasseauto.
Ein Klasseauto, dessen Antrieb eines
Tages auch in Steyr entwickelt und
produziert werden könnte? Oder was
passiert hier am Standort, wenn das
Potenzial des klassischen Verbren-
nungsmotors ausgeschöpft ist?
GERHARD WÖLFEL
_Verbrennungsmotoren wer-
den bestimmt noch über Jahrzehnte pro-
duziert werden. Das Wachstum wird sich
sicher noch lange auf der Verbrennungs-
motorseite abspielen, aber auch der Elek-
tromotor wird seinen Anteil haben. An der
Historie von Steyr kann man sehen, dass
sich das Werk nach den Ansprüchen des
Konzerns gewandelt hat. Es ist heute kein
reines Dieselwerk mehr, etwa ein Viertel
unserer Produktionen sind Benzinmoto-
ren. Und ja, wenn eines Tages überpropor-
tional viel Elektromobilität benötigt wer-
den sollte, dann sind die Innovationskraft
und das Engagement unserer Facharbei-
ter hier sicherlich gute Referenzen, viel-
leicht auch einmal in Sachen E-Mobilität
für den Konzern eine Rolle zu spielen.
Stellen Ihnen Ihre Mitarbeiter solche
Fragen zur Zukunft?
GERHARD WÖLFEL
_Ja, wir sind ein sehr zu-
kunftsorientiertes Unternehmen und un-
sere Mitarbeiter denken deutlich über das
Hier und Jetzt hinaus. Das ist eine unserer
großen Stärken. Unsere Antwort darauf:
Wir wollen uns konsequent weiterentwi-
ckeln - technologisch, infrastrukturell, in
unseren Arbeitsabläufen. Dazu brauchen
wir Flexibilität. Und die Bereitschaft zur