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wO ZwicKt’s Denn?
ärZteManGel auch iM niederGelassenen bereich sPürbar.
Während im wahlärztlichen Bereich das Interesse an Niederlassungen seit
drei Jahre ständig steigt, geht das Interesse an der Gründung von Kassen-
vertragsordinationen zurück. „Derzeit sind circa zehn allgemeinmedizini-
sche Kassenvertragsstellen oder Gruppenpraxisanteile und zumindest zwei
fachärztliche Kassenvertragsstellen nicht besetzbar. Tendenz steigend“,
gibt Sylvia Hummelbrunner, Leiterin des Bereiches Wirtschaftsrecht und
Direktionsassistenz der oberösterreichischen Ärztekammer, zu bedenken.
Die Ursachen dafür seien vielfältig. Vordergründig sind unattraktive Ar-
beitsbedingungen und unzureichende Verdienstmöglichkeiten.
Als besonders leistungsfeindlich bezeichnet Hummelbrunner die degres-
sive Honorierung von Kassenärzten: „Limitierungen und Bürokratieauf-
wand sollten unbedingt diskutiert werden.“ Zur Erklärung: Die Grundleis-
tungspauschale pro betreutem Patienten im Quartal reduziert sich ab dem
tausendeinhundertersten Patienten deutlich. Daneben gibt es zusätzliche
Honorierungen für die erbrachten Einzelleistungen. Dazu OÖGKK-Obmann
Albert Maringer: „Die Limitierungen sind teilweise zu einer Zeit entstan-
den, wo andere Anreize gefragt waren als heute. Es werden daher laufend
Gespräche mit der Ärztekammer OÖ geführt, um die Limitierungen im
Sinne einer Honorar- und Leistungsgerechtigkeit ohne Qualitätsverlust zu
überarbeiten.“ Die Experten der OÖGKK weisen aber darauf hin, dass die
degressive Gestaltung des Honorierungssystems auch ein wirksames Steu-
erungsinstrument sei, um eine unökonomische – also aus medizinischen
Gründen nicht erforderliche – Leistungserbringung zu verhindern.
Eine wesentliche Rolle spielt auch die Hausapotheke. „Wir sind froh, eine
eigene Hausapotheke führen zu können – das ist eine wichtige zweite Ein-
kommensschiene für uns“, sagt Allgemeinmediziner Martin Schiffkorn.
Keine Selbstverständlichkeit: „Wenn es in jedem noch so kleinen Ort mög-
lich ist, dass jemand eine Apotheke aufmacht, und der Arzt damit seine
Hausapotheke verliert, dann ist es nicht verwunderlich, wenn viele Ärzte
sagen, eine Ordination am Land zahle sich nicht aus. Die Politik muss sich
daher überlegen, welche Strukturen langfristig die Existenz von Ärzten in
peripheren Regionen sichern können“, sagt Hummelbrunner.
Dazu Gesundheitsreferent Landeshauptmann Josef Pühringer: „Ich habe
immer auf den drohenden ärztemangel hingewiesen. Aufgrund der Alters-
struktur der tätigen Ärzte werden wir in den kommenden Jahren einen gro-
ßen Bedarf beim medizinischen Nachwuchs haben. In den letzten Jahren
sind gemessen am Bedarf zu wenige Studienplätze angeboten worden. Gott
sei Dank hat Oberösterreich erreicht, dass mit der Medizinischen Fakultät
in Linz ein zusätzliches Ausbildungsangebot geschaffen wurde. Die Zahl der
Medizinstudenten aus Oberösterreich konnte schon im ersten Studienjahr
um etwa 50 Prozent erhöht werden. Die Ärzte sollen jedoch nicht nur ihre
Ausbildung in Oberösterreich absolvieren, sondern hier auch bleiben – dafür
braucht es ein attraktives Gehaltsmodell. Mit der nun vorliegenden Eini-
gung mit der Ärztekammer auf ein neues Gehaltsmodell ist auch hier ein
wichtiger Schritt getan. Es kommt zu einem hohen Anstieg der Grundge-
hälter und einer fairen wie leistungsgerechten Abgeltung der Überstunden.
Wir brauchen damit in Oberösterreich den internationalen und nationalen
Vergleich nicht scheuen.“
Josef Pühringer. Hier könne man Synergi-
en mit anderen Gesundheitsberufen nut-
zen und attraktive Modelle, entsprechend
den Bedürfnissen der Ärzte und der Pa-
tienten, maßgeschneidert schaffen. Die
Politik habe in diesem Zusammenhang
mit dem Modell „primary health care“
bei der letzten Gesundheitsreform, eine
Stärkung des niedergelassenen Bereichs
und damit Anreize geschaffen.
erfolg auf rezept
Anreize hin oder her – wirklich reizvoll,
eine Praxis zu führen, ist es nur dann,
wenn sich diese auch wirtschaftlich ren-
tiert. Dafür ist wieder das unternehmeri-
sche Geschick des Arztes gefragt. „Man
muss schon innovativ sein, um sich von
anderen abzuheben“, sagt Roland Waitz.
So bietet er seinen Patienten etwa die
Möglichkeit, rund um die Uhr Termine
online buchen zu können, vor jedem Ter-
min bekommt der Patient eine SMS zur
Erinnerung. Auch seine einfühlsame Art
zu behandeln hat sich bereits herumge-
sprochen: ,,Die meisten Patienten kom-
men durch Mundpropaganda“, freut sich
Waitz. Wichtig sei ihm aber nicht nur der
wertschätzende Umgang mit seinen Pa-
tienten, sondern auch mit seinen Mitar-
beitern. Für deren Führung hat er einiges
aus seiner Zeit in der Privatklinik in Hol-
land mitgenommen. Zum Beispiel führte
er gleich zu Beginn eine schriftliche Be-
fragung seiner Mitarbeiterinnen durch,
um herauszufinden, wer worauf Wert legt.
„Anders hätte ich niemals in so kurzer Zeit
erfahren, wer sich fortbilden möchte, wer
was gerne machen möchte und wie es
mir somit gelingen kann, ein gutes Be-
triebsklima zu schaffen.“
Ein gutes Betriebsklima ist auch für Jo-
hanna Schiffkorn das Um und Auf einer
erfolgreichen Ordination. „Unsere mitt-
lerweile acht Mitarbeiter sind überaus
motiviert und arbeiten wirklich hart, denn
bei uns geht es immer wieder drunter
und drüber“, erzählt die leidenschaftliche
Ärztin. Gleichzeitig lege sie großen Wert
darauf, den Mitarbeitern Wertschätzung
entgegenzubringen. Gemeinsame Mittag-
essen und Betriebsausflüge sollen für ein
besonderes Wir-Gefühl sorgen. „Außer-
dem sind wir alle auf einer Ebene – jeder
hat seinen Bereich und kann selbständig
arbeiten. Wichtig ist uns auch, unser Per-