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Roland Waitz ist Zahnarzt. Aber das ist 
noch nicht die ganze Wahrheit. Gleichzei-
tig ist er auch noch Finanzchef, Personal-
chef, Marketingleiter und für die gesamte 
Verwaltung verantwortlich. Seit mehr als 
einem Jahr führt er seine Zahnarzt-Or-
dination im Stadtzentrum von Linz – ein 
Wunsch, den er schon lange hegt. Ähnlich 
war es für Johanna und Martin Schiffkorn 

– für die beiden Linzer war bald klar, dass 

eine Anstellung im Krankenhaus nicht das 
Ende ihrer Ziele nach dem Medizinstudi-
um ist. Mit viel Mut und noch mehr Enga-
gement errichteten sie vor eineinhalb Jah-
ren in St. Agatha ein Gesundheitszentrum 

– ein Erfolgsprojekt mit Vorbildfunktion. 

Finanzspritze?

Bei allen drei Ärzten steckt nicht nur eine 
fundierte medizinische Ausbildung hinter 
ihrem Erfolgsrezept, sondern vor allem 
jede Menge Unternehmergeist und Durch-
haltevermögen. Denn einfach ist es nicht,  
neben der medizinischen Versorgung 
auch noch ein Unternehmen zu führen. 

„Die Lebenssituation ändert sich maßgeb-

lich, wenn man vom Angestelltenverhält-
nis in die Selbständigkeit wechselt“, sagt 
Marietta Kratochwill, Leiterin der Abtei-

lung Finanzservice Ärzte und Freie Berufe 
in der Hypo Oberösterreich. „Der Arzt hat 
dann in einer Person mehrere Rollen über 

– vom Mediziner über den Betriebswirt 

bis hin zum Techniker.“ Und damit sei die 
Selbständigkeit keinesfalls jedermanns 
Sache, gibt auch Sylvia Hummelbrunner 
von der Ärztekammer zu bedenken. „Es 
braucht unternehmerische Fähigkeiten, 
die man sich zu einem großen Teil an-
eignen kann. Wer allerdings ein Problem 
damit hat, für erbrachte Leistungen Ho-
norare zu fordern und diese notfalls auch 
einzumahnen sowie sich den bürokrati-
schen Anforderungen der Selbständigkeit 

zu stellen, ist mit hoher Wahrscheinlich-

keit nicht dafür geeignet“, sagt die Leite-
rin des Bereiches Wirtschaftsrecht in der 

Ärztekammer Oberösterreich. Zwar hat es 
natürlich seinen Reiz, sein eigener Chef 
zu sein und Organisation wie Arbeitsstil 
selbst bestimmen zu können, der Wech-
sel von der Anstellung zur Selbständig-

keit bringe aber viele Veränderungen mit 
sich: „Zuvor kümmert man sich fast aus-
schließlich um den medizinischen Bereich 

– natürlich kommen auch administrative 

Tätigkeiten und teilweise Führungsverant-

wortung dazu, aber man hat als Arzt im 
Krankenhaus ein System, welches einem 

bioloGie, cHemie, anatomie. das Und vieles meHr lernt man im medizinstUdiUm. 
docH eines ist im leHrPlan nicHt entHalten: wie man eine Praxis Gründet, wie man 
mitarbeiter FüHrt, wirtscHaFtlicHen erFolG sicHert, sicH im FÖrderdscHUnGel 
orientiert, eine marketinGstrateGie aUF die beine stellt oder woraUF es bei 
der standortaUswaHl ankommt. GenaU darUm GeHt es aber, wenn man sicH als 
mediziner in die selbständiGkeit stürzt Und eine ordination erÖFFnet. einFacH nUr 

aUFsPerren ist HeUte zU weniG. was also ist das ERfOlgsREzEpt füR äRztE?

wenn ärZte unternehMer werDen

redaktion_susanna wurm

art direction_aLEXanDra auBÖCK

fotoGrafie_marIO rIEnEr, waLtEr hartL 

illustration_aLEXanDra auBÖCK

die Infrastruktur zur Verfügung stellt. Als 
Einzelunternehmer muss man sich um al-
les selbst kümmern“, sagt Kratochwill von 
der Hypo Oberösterreich. 

Gute Gründe für 

die Gründung

„Ich komme aus einer Familie mit vielen 

Ärzten – für mich war daher schon rela-
tiv früh klar, dass ich Ärztin werden will“, 
erzählt Johanna Schiffkorn, die sich wäh-
rend ihres Studiums in Innsbruck sehr 
aktiv in der Österreichischen Hochschü-

lerschaft engagierte und dabei vieles in 
Sachen Mitarbeiterführung lernen konn-
te. Dass sie eines Tages gemeinsam mit 
ihrem Mann eine Praxis im Örtchen St. 

Agatha eröffnen würde, das hätte die Lin-
zerin damals allerdings nicht geahnt. „Wir 
sind durch Zufall dort hingekommen, weil 
ein Arzt Vertretungen brauchte. Nebenbei 

habe ich Teilzeit im Krankenhaus gear-
beitet.“ Auch ihr Mann Martin Schiffkorn 
arbeitete damals am AKH Linz - während 
seiner Zeit als Notarzt bekam er schließ-
lich Lust auf die Selbständigkeit. Als dann 
die Möglichkeit bestand, die Ordination in 
St. Agatha zu übernehmen, wurde daraus 
ein wesentlich größeres Projekt: „Die Or-