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entspannen kann, und außerdem gibt
es eine sehr gute Kantine. Das heißt, wir
haben sehr viel dafür getan, dass sich
die Leser bei uns wohl fühlen und gute
Arbeitsbedingungen vorfinden. Dazu
kommt ein weiterer Aspekt, den man
nicht unterschätzen soll: Wir haben
noch nie so viel kommuniziert wie heute
– aber wir kommunizieren sehr stark vir-
tuell, ohne realen Menschen gegenüber-
zustehen. Ich glaube, dass gerade durch
diese Entwicklung die Sehnsucht vieler
Menschen da ist, sich an realen Orten
mit realen Menschen von Angesicht zu
Angesicht zu treffen. Bibliotheken sind
solche Orte. Man kann der Einsamkeit
des wissenschaftlichen Arbeitens ent-
fliehen, an einen Ort gehen, wo es ruhig
ist, wo man aber dennoch unter Men-
schen ist. Und deshalb denke ich, dass
es Bibliotheken als physische Orte im-
mer geben wird.
Stichwort Zukunft. Glauben Sie, werden
unsere Ururenkel noch Bücher in physi-
scher Form lesen?
rachinGer
_Ich bin überzeugt davon, dass
es auch in 20 Jahren und darüber hinaus
noch physische Bücher geben wird. Ich
denke aber, dass das physische Buch in
20 Jahren nicht mehr das Leitmedium
sein wird. Das wird das digitale Buch sein
oder was immer dann auf dem Markt ist.
Aber so wie die Fotografie nicht die Ma-
lerei verdrängt hat oder das Fernsehen
nicht das Kino, so wird das E-Book nicht
das physische Buch zur Gänze verdrän-
gen. Die Tendenz wird mehr in Richtung
E-Book gehen, aber es wird immer Men-
schen geben, die ein physisches Buch in
die Hand nehmen möchten.
Wenn der Trend Richtung E-Book
geht – wie sieht dann die Zukunft von
klassischen Buchhändlern aus?
rachinGer
_Ich möchte wirklich eine Lan-
ze für den Buchhandel brechen, weil das
kulturelle Einrichtungen sind, die wir als
buchinteressierte Menschen unbedingt
unterstützen müssen. Ich finde, eine per-
sönliche Beratung in einer Buchhandlung
wiegt nicht auf, wenn ich online ein Buch
bestelle und einen kurzen Text dazu lese.
Ich rufe sehr dazu auf, dass man das wirk-
lich schätzt und dementsprechend nützt.
Sie sind bereits in Ihrer dritten Amtspe-
riode Generaldirektorin – Ihr Vertrag
läuft noch bis Ende 2016. Haben Sie
schon Pläne für danach?
rachinGer
_Das kann ich jetzt noch nicht
sagen, es ist ja noch eine Zeit hin. Ich halte
mich an das schöne Zitat: Let’s cross the
bridge, when we get there.
Für Ihr Studium zogen Sie von Putz-
leinsdorf nach Wien. Auf dem Weg dort-
hin gab es auch die eine oder andere
Brücke zu überqueren, oder?
rachinGer
_Ja, das sind zwei Welten, die
sich für mich aber nicht ausschließen.
Beides ist für mich Heimat. In Putzleins-
dorf bin ich immer noch sehr stark ver-
wurzelt, hier lebt ein Teil meiner Familie
und dadurch, dass ich in einem Gasthaus
aufgewachsen bin, kenne ich sehr viele
Leute. Ich habe nach wie vor das Gefühl,
dass ich dort gern gesehen bin und dass
die Leute auf mich zugehen und sich freu-
en, wenn ich da bin. Putzleinsdorf wird
immer meine Heimat bleiben, aber Wien
ist natürlich mittlerweile zu einer zweiten
Heimat geworden. Ich lebe und arbeite
sehr gerne hier und ich bin dankbar, dass
ich in dieser Stadt so viele Möglichkeiten
gefunden habe.
Wussten Sie schon am Anfang Ihres
Studiums, wohin Sie Ihr Karriereweg
führen sollte?
rachinGer
_Ich bin in einem Elternhaus
mit fünf Schwestern und einem Bruder
aufgewachsen. Mein Vater hat zu uns im-
mer gesagt: „Lernt etwas Ordentliches
und schaut, dass ihr finanziell unabhän-
gig seid, heiraten könnt ihr dann immer
noch.“ Und das zu einer Zeit, wo es noch
nicht selbstverständlich war, dass Frauen
berufstätig sind. Ich habe dann in Wien
Theaterwissenschaften und Germanistik
studiert, weil ich immer ein großes Faible
für Bücher hatte, obwohl ich eine Han-
delsakademie besucht habe. Die möchte
ich aber heute nicht missen, weil sie mir
viel kaufmännisches Denken vermittelt
hat, das ich in meinen verschiedenen
beruflichen Stationen stark einbringen
konnte. Ich habe nie davon geträumt, ei-
nes Tages Generaldirektorin der Österrei-
chischen Nationalbibliothek zu sein, ich
wollte immer einen Beruf, der mir Freu-
de macht und der etwas mit kulturellen
Themen zu tun hat, und dann haben sich
die Dinge entwickelt. Aber ich war schon
immer eine, die, wenn sie gefragt wurde,
Ja gesagt hat und keine Angst vor Verän-
derungen hatte.
Ein schönes Zitat von Ihnen: „Jede Ver-
änderung hat mich einen Schritt weiter-
gebracht.“ Was waren die wichtigsten
Veränderungen in Ihrem Leben?
rachinGer
_Das waren in erster Linie im-
mer die beruflichen Veränderungen. Ich
habe beim Wiener Frauenverlag begon-
nen, weil ich mit Büchern zu tun haben
wollte und weil ich mich als Frau dem
Feminismus sehr zugehörig fühle. Das
war ein ganz kleiner Verlag, wo wir sehr
wenig verdient haben, also musste ich
mich nach einer gewissen Zeit verän-
dern, um tatsächlich finanziell unabhän-
gig sein zu können. Das war schon mein
nächster Schritt. Ich bin nach Salzburg
gegangen, um beruflich weiterzukom-
men und habe dort – obwohl ich gern
in Wien geblieben wäre – die Buchbera-
tungsstelle des Österreichischen Biblio-
thekswerks geleitet. Nach fünf Jahren
bin ich aber wieder zurück nach Wien –
aus privaten Gründen, weil mein Mann
damals in Wien gelebt hat. Der nächste
Schritt führte mich zum Verlag Ueber-
reuter – als Programmleiterin. Kurz da-
rauf wurde mir die Prokura angeboten.
Das hatte wohl damit zu tun, dass mich
immer auch die Ware Buch interessier-
te, das Marketing, vor allem der Verkauf,
wie man Umsätze steigern kann, wie
man Gewinne lukriert und maximiert.
Als ich dann nach drei Jahren gefragt
wurde, ob ich die Geschäftsführung
übernehmen möchte, war ich zunächst
schon erstaunt, weil ich erst 35 Jahre alt
war. Ich hätte mir durchaus gewünscht,
noch eine Zeit lang mit einem Vorgesetz-
ten, von dessen Erfahrungen ich profi-
tieren hätte können, zu arbeiten. Aber
man wird nicht immer zu dem Zeitpunkt
gefragt, der der Beste für einen selbst
ist. Man wird einfach gefragt und dann
muss man Ja oder Nein sagen. Und ich
bin heute sehr froh, dass ich mich ge-
traut habe. Es war ein Sprung ins kal-
te Wasser, ich musste dann einfach
schwimmen. Aber ich habe das sehr gut
gemeistert.
Sie betonen immer wieder, Frauen-
förderung sei Ihnen ein großes An-
liegen. Sie beschäftigen knapp 380
Mitarbeiter, davon circa 60 Prozent
Frauen. Wie fördern Sie diese?
rachinGer
_Mir ist sehr wichtig, bei glei-
cher Qualifikation Frauen in Führungs-
positionen zu besetzen. Das habe ich
durchgehend so gemacht und wir sind
heute bei nicht ganz 50 Prozent Frau-
enanteil bei Führungspositionen. Das
war nicht schwer, denn es gibt ganz
viele hochqualifizierte Frauen. Manch-
mal muss man Frauen zum Ja-Sagen
zu einer Führungsposition einfach nur
ermutigen. Wir setzen aber auch viele
Maßnahmen, die die Work-Life-Balance
von Mitarbeitern und das Wohlfühlen
Wohlfühlen als wichtiger Begleiter im Heilungsprozess.
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