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Ab Herbst 2015 sind es 58 Studiengän-
ge, die an der FH OÖ angeboten werden
– darunter zukunftsweisende Fächer wie
Sustainable Energy, Information Security,
Lebensmitteltechnologie und Ernährung
sowie Global Sales. Die Einführung neuer
Studiengänge ist also die Antwort auf die
Frage: Was braucht die Wirtschaft? Die
Absolventen der Fachhochschule sind da-
mit als Mitarbeiter so gefragt wie noch nie.
Eine aktuelle Spectra-Umfrage bei 200
Unternehmen zeigt: Zwei von drei Unter-
nehmen beschäftigen mittlerweile Alumni
der FH OÖ. Nicht nur Jobmotor, sondern
auch Innovationsmotor soll die Hochschu-
leinrichtung für Oberösterreich sein – seit
deren Bestehen hat das Land rund 269
Millionen Euro investiert. „Jeder investier-
te Euro hat sich gelohnt“, sagt Bildungs-
landesrätin Doris Hummer. Das beweist
auch eine Studie von Friedrich Schnei-
der, Professor an der JKU: Der zusätzli-
che Wertschöpfungseffekt am regionalen
Bruttoinlandsprodukt betrug im Jahr 2013
rund 150 Millionen Euro. In Österreich
zählt die FH OÖ somit längst zur Elite. Ge-
schäftsführer Gerald Reisinger gibt sich
damit aber noch lange nicht zufrieden: „In
bestimmten Kompetenzfeldern nehmen
wir in Europa sowohl in der Lehre als auch
in der Forschung eine Spitzenposition ein.
Und diese möchten wir auch auf internati-
onaler Ebene ausbauen“, sagt er. Wir tref-
fen uns mit ihm am FH Campus in Wels.
Die FH OÖ feiert ihr 20-jähriges
Jubiläum, Sie selbst sind bereits zehn
Jahre Geschäftsführer. Was haben Sie
sich damals 2004 zum Ziel gesetzt – wie
geht es Ihnen mit der Umsetzung?
Im Wesentlichen waren es zwei Ziele: Ers-
tens die FH OÖ zu einer führenden Mar-
ke in Österreich zu machen – das haben
wir erreicht. Und zweitens, die damals
sehr heterogene Struktur der FH OÖ zu-
sammenzuführen. Das haben wir in zwei
Schritten gemacht. Zuerst haben wir die
Fakultäten gebildet und die Studiengänge
thematisch innerhalb der Fakultät zusam-
mengeführt. Im nächsten Schritt führen
wir die Fakultäten zu einer einheitlichen
FH OÖ zusammen – da sind wir auch auf
einem sehr guten Weg.
Welche Ideen sollen als nächstes
umgesetzt werden?
Das stetig erweiterte Angebot an Studi-
engängen macht einen Ausbau der Infra-
struktur dringend notwendig. In Hagen-
berg haben wir bereits gebaut, nun folgen
Steyr und Wels. Das zweite Thema ist die
Internationalisierung. Den Blickwinkel der
Studierenden zu öffnen und zu erweitern,
das ist aus meiner Sicht auch Teil des Bil-
dungsauftrages, den wir als FH OÖ haben.
Setzen Sie dabei direkt im
Studienplan an?
Ja, die Werkzeuge dafür sind das Angebot
an englischsprachigen Lehrveranstal-
tungen. Wir schaffen es derzeit in jedem
Studiengang jedem Studenten zumindest
ein Semester in englischer Sprache zu
ermöglichen. Darüber hinaus bauen wir
konsequent die Anzahl der rein englischen
Studiengänge aus. Und dann gehört na-
türlich noch dazu, den englischen Studien-
gang weltweit zu vermarkten.
Die Qualität einer Hochschule hängt sehr
stark von eben diesem Lehrpersonal ab.
Wie garantieren Sie diese Qualität?
Wir haben einerseits einen sehr gut struk-
turierten Aufnahmeprozess, bei dem auch
die Personalleiterin stark eingebunden
wird, um vor allem auch auf die soziale
Kompetenz der Interessenten zu ach-
ten. Wenn die Kommission nämlich aus-
schließlich fachlich ausgerichtet ist, dann
bekommt man Leute, die zwar die 27. Ab-
leitung einer Formel auf die Tafel zaubern
können, die aber den umfassenden Bil-
dungsauftrag gegenüber den Studierenden
aus den Augen verlieren. Es geht jedoch
nicht nur um die Auswahl des Personals,
sondern vor allem um die permanente Wei-
terentwicklung – auch in den Soft-Facts.
Was ist die Aufgabe einer FH im
Vergleich zur Uni?
Ich glaube, dass die Grenzen zunehmend
verschwimmen werden. Der wesentliche
Unterschied liegt in der Persönlichkeit der
Studierenden. Manche brauchen im Über-
gang von der Sekundar- zur Tertiärstufe
einen geregelten Ablauf, andere wollen al-
les alleine gestalten. Der Vorteil des hete-
rogenen Systems ist, dass beide Möglich-
keiten offeriert werden. In der Forschung
werden wir industrienäher bleiben als die
Unis. Die Aufgabe der Unis ist die Grund-
lagenforschung – sich also mit den Dingen
zu beschäftigen, die in 15 bis 20 Jahren re-
levant sind. Unsere ist es, sich mit jenen
Dingen zu beschäftigen, die in den nächs-
ten fünf Jahren von Bedeutung sind. Unser
System ist darauf ausgelegt, sehr eng mit
der Wirtschaft vernetzt zu sein.
Wie kann man als Maturant die Entschei-
dung „FH oder Uni“ bestmöglich treffen?
Der Übergang von der Schule zur FH ist
tendenziell sanfter als zur Uni. Wir sehen,
dass es exzellente Leute gibt, für die der
Bruch zwischen Schule und Uni zu ra-
dikal ist. Und wenn man sich die führen-
den Unis weltweit ansieht, dann erkennt
man, dass diese ein strafferes, stärker
strukturiertes System haben als die Unis
im deutschsprachigen Raum. Und außer-
dem, spätestens nach dem Auslandsse-
mester oder Pflichtpraktikum kommt die
Selbstständigkeit sowieso ganz von allein.
Grundsätzlich kann ich Folgendes raten:
Wer sich dazu entschieden hat, in der
Wirtschaft zu arbeiten, dem empfehle ich
die FH – wir führen unsere Studierenden
eher auf einen Job in der Wirtschaft hin als
die Unis das tun. Geisteswissenschaften
und Ähnliches wären hingegen nicht unser
Thema. Wir brauchen beide Qualifikatio-
nen als Gesellschaft in Summe.
Die Zeit wird immer schnelllebiger
– kann da ein Lehrplan überhaupt
mithalten? Ist das, was man heute lernt,
morgen noch gültig?
Der Veränderungsprozess läuft perma-
nent. Im Bereich IT ist das ganz offensicht-
lich: Die Programmiersprache, die wir den
ich glaube, dass es langfristig zu einem Wettkampf
um die besten studierenden kommen Wird.
Gerald reisinGer
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