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wir unsere Chancen in Österreich nüt-
zen müssen, sonst überholen uns die
anderen. Wir haben nicht die Rohstoffe
und auch nicht die billigen Arbeitskräf-
te. Wir sind dafür innovativer, schneller
und flexibler, wir können Ideen groß
machen. Aber dafür braucht es ganz
einfach Rahmenbedingungen, die bes-
ser sind als in allen anderen Ländern.
Wie setzen Sie sich dafür ein,
damit diese Rahmenbedingungen
geschaffen werden?
Ein wesentliches Thema ist für mich
die Finanzierung. Vor allem für IT-
Unternehmen ist es anfangs schwierig,
an Kapital zu kommen – ein Produk-
tionsunternehmen kauft eine Maschi-
ne und kann diese Maschine als Si-
cherheit für die Bank hernehmen. Ein
IT-Unternehmen hat hingegen keine
Wertgegenstände und läuft daher Ge-
fahr, von der Bank keine Finanzierung
zu bekommen. Und deshalb brauchen
wir neue Finanzierungswege. Der
zweite Bereich ist das Thema Fach-
kräfte – weil wir vor dem Problem ste-
hen, dass wir viel zu wenige gut quali-
fizierte Leute haben, vor allem in der
IT-Branche.
An welche Lösungen denken Sie dabei?
Ausbildungswege sind ganz wesent-
lich, denn lebenslanges Lernen ist in
einer so schnelllebigen Branche un-
umgänglich. Wenn ich daran denke,
was sich in den Jahren meiner beruf-
lichen Laufbahn verändert hat, dann
ist gar nichts mehr so wie es früher
war. Alles ändert sich. Und auf das
muss man sich einstellen, dafür muss
man ein Konzept anbieten, damit Mit-
arbeiter noch besser geschult werden
können und diese Schulung auch leist-
bar ist. Ein weiterer wichtiger Punkt
betrifft die Unternehmensberater. Ich
werde mich auch dafür einsetzen, dass
mehr Unternehmensberater in die Un-
ternehmen kommen, weil wir wissen,
dass Unternehmen, die sich Wissen
von externen Beratern holen, einen
Riesenvorsprung haben und um eini-
ges schneller wachsen können.
Wie findet man einen
qualifizierten Berater?
Man kann zum Beispiel den Berater-
finder nutzen. Mit diesem Tool kann
schnell der richtige Partner gefunden
werden: www.berater-finder.at. Man
kann sich aber auch direkt an die Wirt-
schaftskammer wenden, wo dann ein
Berater für das Unternehmen gesucht
wird. Hier bewerben sich die Berater
und schlagen einem vor, was der ide-
ale Weg wäre, um sein Unternehmen
groß zu machen. Das würde ich auf je-
den Fall in Anspruch nehmen, es funk-
tioniert sehr gut!
Was braucht der Wirtschaftsstandort
Österreich, um wettbewerbsfähig zu
bleiben?
Ich glaube, mehr Mut zum Risiko. Wir
sollten die Unternehmer mal arbeiten
lassen und nicht alles zu Tode regeln.
Und es geht auch darum, Leistung zu
belohnen. Wenn ich etwas geschafft
habe, dann möchte ich mich nicht ver-
stecken müssen, ich möchte meine
Freude darüber und meinen Stolz zei-
gen dürfen. Wenn in den USA jemand
mit einem teuren Auto fährt, sagt
man: „Boa, der hat es geschafft!“, in
Österreich heißt es hingegen neidvoll:
„Schau dir den an!“ Und dadurch wird
Leistung als etwas Schlechtes hin-
gestellt. Natürlich ist Leistung nicht
alles, aber es ist etwas Wesentliches
und hilft uns – auch international –
konkurrenzfähig zu sein.
Sie haben vorhin das Thema
Fachkräfte angesprochen. Wie sehen
Sie die Entwicklung, dass es immer
mehr Studenten und immer weniger
Lehrlinge gibt?
Viele Unternehmen finden keine Lehr-
linge – das Problem ist das Image der
Lehre. Während international unsere
Facharbeiter extrem anerkannt sind,
hat die Lehre bei uns einen schlechten
Ruf. Lange galt die Lehre als zweitran-
gig, was völlig falsch ist. Die Möglich-
keit, nach der Lehre noch ein Studium
zu machen, ist heute bestens gegeben
und damit stehen einem viele Türen
offen. Was reine Uni-Ausbildungen
anbelangt: Es ist ein Irrglaube, dass
man nach dem Studium fertig für den
Beruf ist. Damit ein Unternehmen ei-
nen Absolventen einsetzen kann, muss
es wieder kostenintensiv in Zeit und
Ressourcen investieren. Das ist ein
schwieriges Thema – an den Lösungs-
konzepten dafür zu arbeiten, das ist
ein Schwerpunkt von uns.
Wie wird man eigentlich
Interessensvertreter?
Indem man sagt, dass man sich enga-
gieren möchte und dass man etwas ver-
ändern will. Man muss sich einbringen,
mit anderen austauschen. Ein wichtiger
Punkt bei der Interessensvertretung
ist, dass man versteht, worum es geht
– man muss also die Anliegen von je-
nen Leuten kennen, die man vertreten
will. Das ist ein Hand-in-Hand-Prozess:
Einerseits wird mein Netzwerk immer
größer, andererseits lerne ich immer
mehr Interessen kennen.
Ihr Netzwerk ist mittlerweile riesig –
wie gelingt das?
Es ist einer nach dem anderen dazu-
gekommen. Ich glaube, ein Netzwerk
ist etwas, das man gut pflegen muss.
Man muss aktiv sein – Veranstaltun-
gen besuchen, bewusst auf andere zu-
gehen. Also bevor ich mich am Abend
zum Fernseher setze, gehe ich auf eine
Veranstaltung – das mache ich schon
lange so. Ich hab zwar einen Fernse-
her zuhause, aber ich weiß nicht, ob
der überhaupt noch funktioniert.
Ist dieser Netzwerk-Aufbau ein
Motivationsgrund, sich an der
Wirtschaftskammer zu engagieren?
Ja, absolut – das ist ein positiver Ne-
beneffekt! Ich bringe Zeit ein, Zeit, die
in der Firma wegfällt. Aber diese Zeit
bringt mir Kontakte und Partner für
Projekte. Und das ist für eine kleine
Firma, die versucht, mit den größeren
mitzuhalten, ganz wesentlich. Man
kann aber auch Kunden finden, Rat-
schläge einholen und natürlich Freun-
de gewinnen. Viele meiner Freunde
sind Selbständige – das hat sich mit
der Zeit ergeben, weil man ähnliche
Interessen und Zeitpläne hat. Wenn
man also kurzfristig absagen muss,
weil man nun mal nicht jeden Abend
um fünf Schluss macht und jedes Wo-
chenende frei hat, dann ist die Antwort
darauf ganz einfach: „Macht nichts,
geht mir auch oft so.“
Sind diese Nebeneffekte das einzige
Honorar? Oder wird das Engagement
auch monetär abgegolten?
Die Tätigkeiten sind ehrenamtlich und
das ist auch gut so. Wenn man das