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blut Ist dIcker als schnee
woBei der schnee im wintersportort oBertauern natürlich eine grosse rolle
spielt. doch schnee alleine reicht nicht aus, damit die lürzer oBertauern gmBh
in nur fünf monaten 20 millionen euro umsatz pro Jahr erwirtschaften kann.
das geheimnis dahinter: die familie. die drei Brüder HERIBERt, gERHARD unD HARAlD
lüRZER stehen ganz oBen am gipfel des (un)möglichen in der tourismusBranche.
nein, dorthin hat sie keine seilBahn Befördert (etwa in form eines erBes), sie sind
den weiten weg selBst gegangen. und haBen gar nicht Vor, sich hier auszurasten .
Dass hier einst – genaugenommen 1966
– eine kleine Pension und ein Kuhstall
standen, ist schwer vorstellbar. Mittler-
weile verteilt sich über ein großes Areal
das Vier-Sterne-Superior Hotel Kes-
selspitze. Und das ist noch lange nicht
alles. Denn das Familienunternehmen
Lürzer hat sich längst auf ganz Ober-
tauern ausgebreitet. Dazu zählen drei
exklusive Hotels, ein Taxiunternehmen,
das Shoppinghaus „Freudenhaus“, die
Skischule Obertauern „Frau Holle“, ein
Sportzentrum, Skiverleihfilialen, die Bar
„Mundwerk“ und die People’s Bar – so-
wie die legendäre Lürzer Alm und die
Edelweiss Alm. Die jeweilige Führung
der einzelnen Bereiche haben sich die
Brüder entsprechend ihren Kompeten-
zen aufgeteilt, an der GmbH sind sie alle
drei zu gleichen Teilen beteiligt.
Drei Brüder, ein Ziel
Während Gerhard Lürzer gerade auf Er-
kundungstour in Südafrika ist (man holt
sich Ideen aus der ganzen Welt), Harald
die letzten Vorkehrungen für das Ein-
treffen der Gäste trifft, unterhalten wir
uns im Hotel Kesselspitze mit Heribert
Lürzer, der neben der Führung der bei-
den Hotels Kesselspitze und Frau Holle
sowie des Taxiunternehmens, die finan-
ziellen Angelegenheiten im Griff hat.
Auch um IT und Social Media kümmert
sich vorwiegend der älteste von den drei
Brüdern. Baupläne und Gastronomie-
konzepte erstellen, Veranstaltungen or-
ganisieren, den Einkauf für die gesamte
Gruppe managen und ein besonderes
Gespür für Mode obliegen hingegen
seinen Brüdern. „Wir sind alle drei sehr
starke Charaktere – was normalerweise
dazu führen würde, dass wir uns stän-
dig in den Haaren liegen – tun wir aber
nicht, denn jeder setzt seine Stärken
dort ein, wo er am besten ist.“ Einmal
pro Woche besprechen sie beim ge-
meinsamen Mittagessen Allfälliges. Für
große Entscheidungen wie etwa große
Investitionen treffen sie sich zu einem
Meeting. Und da kann es durchaus vor-
kommen, dass bei Meinungsverschie-
denheiten einer plötzlich aufsteht und
den Raum verlässt. „Manchmal reden
wir dann zwei Tage nichts miteinander
– aber Blut ist stärker als alles andere,
nach zwei Flaschen Wein ist alles wieder
in Ordnung“, erzählt Heribert. Das wich-
tigste Prinzip dahinter: Entscheidungen
werden nur dann getroffen, wenn alle
zu 100 Prozent dahinterstehen, auch
wenn im Gesellschaftsvertrag von einer
Zwei-Drittel-Mehrheit die Rede ist. „Das
praktizieren wir schon seit 25 Jahren so.
Hitzige Diskussionen führten letztend-
lich immer dazu, dass ein wesentlich
besseres Ergebnis rausgekommen ist.“
Als wir durch das Hotel spazieren, zeigt
Heribert immer wieder stolz auf die vie-
len schwarz-weißen Familienbilder an
den Wänden. Nicht nur Bilder, auch Er-
innerungsstücke wie eine alte Heugabel
vom Großvater tragen zum Ambiente im
Haus bei. „Wir setzen sehr viele per-
sönliche Sachen ein – bei uns spürt der
Gast, dass hier nicht einfach ein Gastro-
konzept dahintersteht, sondern eine Fa-
milie mit viel Herzblut.“ Dass alle drei
Söhne den elterlichen Betrieb – der da-
mals aus einem Hotel und dem Grund-
stück für die Lürzer Alm bestanden hat-
te – übernehmen würden, war schnell
klar. „Wir haben unseren Eltern sehr
viel zu verdanken. Sie haben uns den
Beruf von Anfang an so vermittelt, dass
wir nie etwas anderes machen wollten.
Dieser Beruf ist einfach unglaublich
vielfältig: Im Sommer kümmerst du
dich um den Aus- und Umbau, machst
Pläne. Im Winter kümmerst du dich um
die Gäste und alle Abläufe. Es macht
einfach Spaß, das alles zu organisieren
und wie ein Dirigent auf der Bühne zu
stehen. Denn wenn das ganze Orchester
eine schöne Musik macht, dann applau-
dieren die Gäste“, sagt Heribert.
Erfolgsfaktor Mitarbeiter
Dass dieser Applaus nun schon über
vierzig Jahre anhält, dafür seien viele
Faktoren notwendig. „Natürlich geht es
darum, am Puls der Zeit zu sein und viel
in die Hardware zu investieren. Aber das
alles bringt nichts, wenn das Herz nicht
im Haus ist. Und das Herz sind die Mit-
arbeiter. Die haben es uns möglich ge-
macht, in so kurzer Zeit so schnell zu
wachsen!“ 70 Prozent der 300 Mitarbeiter
(während der Wintersaison) sind Stamm-
mitarbeiter – sehr ungewöhnlich für die
Branche. „Wer die Mitarbeiter nicht gut
behandelt, nicht für ein Top-Betriebskli-
ma sorgt und sich nicht an ausgemachte
Bezahlungen hält, der braucht sich nicht
zu wundern. Wir haben heuer 30 Mitar-
beiterzimmer komplett neu renoviert, die
sehen aus wie Gästezimmer. Das Wohl-
fühlen der Mitarbeiter ist schließlich die
Basis dafür, dass sie ihren Job gut und
gerne machen“, so Heribert Lürzer, der
übrigens auch Vizebürgermeister der
Gemeinde Tweng Obertauern ist. Es gebe
Mitarbeiter, so Lürzer weiter, die fühlen
sich als Teil der Lürzerfamilie und stehen
zu 100 Prozent hinter ihnen. „Die legen
eine Loyalität an den Tag, die andere an-
steckt.“
redaktion_susanna wurm
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fotoGrafie_marIO rIEnEr, prEssEFOTOs