4
Pädagogisch etwas fragwürdig, aber im Erziehungsalltag in Not-Situationen (zu-
gegeben ein sehr dehnbarer Begriff) ein Wundermittel: Die Polizei als Drohung.
Ging es Ihnen als Kind nicht auch so? „Wenn du noch einmal deine Fingernägel
in die unterste Hautschicht deines Bruders bohrst, dann kommt die Polizei!“ Also
bei mir hat es gewirkt. Noch heute kommt reflexartig ein schlechtes Gewissen auf,
sobald ein Polizeiauto in meiner Nähe auftaucht. Einen ähnlichen Respekt wie das
Phänomen „die Polizei“ hatten früher (oder vielleicht haben es immer noch einige)
so manche Firmenoberhäupter.
Selbst wenn man als Mitarbeiter eine Motivation an den Tag legte wie ein Mara-
thonläufer bei Kilometer 41. Also selbst dann, wenn man sicher sein konnte, dass
man sich nichts zu Schulden kommen hat lassen, schnellte der Pulsschlag in
medizinisch bedenkliche Höhen, sobald er in der Nähe auftauchte. Der Chef. Wie
ein Polizeiauto. Nicht selten mit Sirene. Denn einen Chef erkannte man früher
durchaus oft nicht nur am größten Büro, sondern auch an der lautesten Stimme
... die vor allem dazu benutzt wurde, um knappe, unkommentierte Befehle auszu-
teilen. Diese Zeiten sind vorbei. Auch wenn die wirtschaftliche Situation oft unbe-
rechenbar ist, die neue Generation an Führungskräften bleibt ruhig. Sie sind es
gewöhnt, auch in stürmischen Zeiten einen kühlen Kopf zu bewahren. Für Macht-
gehabe und Kontrollwahn haben sie keine Zeit. Während sie ihren mit Bedacht
gewählten Mitarbeitern sukzessive Verantwortung übergeben, kümmern sie sich
um globales Wachstum. Und dort treffen sie zumeist auf ebenso offene, lockere
Kollegen, denen man am ersten Blick ihre Stellung kaum ansehen würde. Wohl
aber beim Blick auf ihren Werdegang. Denn die vielfältigen, meist auch internati-
onalen Stationen zeugen von einem Erfahrungswert, der automatisch für Respekt
sorgt – ohne dass man die Sirene einschalten muss. Was es braucht, um heute an
die Führungsspitze zu kommen, und vier beeindruckende Beispiele dieser neuen
Chef-Generation, zeigen wir ab Seite 26.
Wobei das nun wahrlich nicht bedeutet, dass Sie die anderen 119 Seiten außer
Acht lassen sollen – von internationalen Karrierechancen über das Risiko, einen
ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen bis hin zu den Chancen der vierten Industri-
ellen Revolution, widmen wir uns in dieser Ausgabe von DIE MACHER wieder den
vielfältigen Themen von oberösterreichs Wirtschaft.
David Böhm
Herausgeber
Susanna Wurm
Chefredakteurin
Alexandra Auböck
Creative Director
editorial.