110
Heute hat sich der Ruf des Obstsaftes
abermals gewandelt – Most gilt wieder
als modernes Produkt. Bauernfeind
sitzt auf der Terrasse des Köglerhofs,
zahlreiche Gäste genießen den Ausblick
über das Donautal bis ins ferne Gebir-
ge bei einer Jause - und einem Glas
Most. 2002 entscheidet sich Bauern-
feind gemeinsam mit seiner Gattin, die
kleine Landwirtschaft im Mühlviertel
als Vollerwerbsbetrieb zu führen. „Wir
haben uns überlegt, wie wir professio-
neller werden können und mit unseren
Produkten näher zum Kunden kom-
men“, sagt Bauernfeind. Mittlerweile
produziert der Mostheurige jährlich
18.000 Liter Most in modernen Press-
anlagen im hauseigenen Keller. Eine
überschaubare Menge, betrachtet man
den Markt – aber ein Quantensprung
im Vergleich zur eigenen Produktion vor
zehn Jahren. Man will nachhaltig wach-
rEDAKtioN_VaLentn LISCHKa
fotoGrAfiE_JaSmIna RaHmanOVIC
iLLUstrAtioN_aLeXanDRa aUBÖCK
Das lanD Der mostscHÄDeln
ALs durstLöscher zwischendurch für hoLzknechte, ALs therApie für krAnke oder
einfAch ALs genussgetränk zum frühstück - JAhrhunderteLAng wAr most ein fixer
bestAndteiL der heimischen trinkkuLtur und geseLLschAft. nAch dem zweiten
weLtkrieg und struktureLLen änderungen in der LAndwirtschAft änderte sich dAs,
der vERGoREnE oBStSAFt gALt bALd in weiten teiLen der bevöLkerung ALs verpönt.
seit einigen JAhren wird der most Aber von weintrinkern und geniessern ALs
hochwertiges, heimisches produkt wiedererkAnnt. mostbAuern, die Auf QuALität und
vermArktung setzen, spüren mAssiven Aufwind.
Klaus Bauernfeind erinnert sich noch
genau an seine Kindheit: Der Most hat-
te damals schon längst seine frühere
Beliebtheit eingebüßt. „Einen Most hab
ich als Knecht getrunken, jetzt bin ich
ein Bauer, jetzt trinke ich Bier, das hat
damals unser Senior gesagt“, erin-
nert sich der 41-Jährige. Als Inbegriff
der Modernität galt damals Keli, die
Limonade aus Linz mit verschiedenen
Geschmacksrichtungen. Most wird zu
dieser Zeit also nicht nur als altmo-
disch wahrgenommen – es steht viel
schlimmer um das ehemalige Lieb-
lingsgetränk der Oberösterreicher. Kei-
nen Most trinken müssen, das ist in den
80er-Jahren ein soziales Zeichen von
Wohlstand. „Die Generation damals hat
es als Errungenschaft gesehen, keinen
Most mehr zu konsumieren und sich et-
was Besseres leisten zu können“, sagt
Bauernfeind.