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Mark Donohue beim Warm-up tödlich
verunglückte. Es gibt Filmaufnahmen,
da bin ich mit meinem Papa als klei-
ner Stoppel mit einem kleinen Hefterl
in der Boxengasse herummarschiert
und habe Autogramme eingesammelt
– aber viele dieser Rennfahrer sind in
den folgenden Jahren verstorben. Also
bin ich sehr froh, dass wir seit zwan-
zig Jahren keinen toten Piloten mehr
in der Formel 1 haben. Wenn sich die
Leute nur daran aufgeilen, dass es
Tote gibt, ist es besser, wir lassen es
bleiben. Aber ich denke, für die meis-
ten Zuseher ist das Renngeschehen an
sich entweder interessant oder nicht
– es wird auch heuer wieder Rennen
geben, die langweilig und andere, die
spannend sind.
Wie reagieren Sie als Kommentator,
wenn sich ein Rennen dahinzieht?
Mein Ansatz ist, dass ich etwas Lang-
weiliges nicht mit der Brechstange
spannend mache – es soll einfach au-
thentisch und ehrlich bleiben. Momen-
tan gibt es ohnehin so viel zu erzählen,
weil vieles neu ist, da wird einem als
Kommentator nicht langweilig. Man
braucht sehr viel Fingerspitzengefühl,
um jene Zuschauer, die sehr vieles
wissen, nicht zu langweilen und die
anderen nicht zu überfordern. Das ist
bei diesem Sport wesentlich schwieri-
ger als bei den anderen Sportarten.
Als Kommentator muss man das Ganze
objektiv betrachten, fällt das schwer?
Überhaupt nicht. Wir freuen uns mit
jedem mit. Wobei, wenn es einen Se-
riensieger gibt, dann ist es grund-
sätzlich schon so, dass man sich freut,
wenn jemand anderer gewinnt. Aber
das hat nichts mit Zu- oder Abneigung
zu tun. Als neutraler Beobachter ist
man einfach ein Fan von etwas Über-
raschendem.
Gibt es dennoch einen Fahrer, den Sie
besonders mögen?
Kimi Raikkönen fand ich schon immer
und finde ich nach wie vor sehr wit-
zig, weil er als Typ total aus der Reihe
tanzt. Aber wenn ich auf den Australi-
en Grand Prix zurückblicke, dann hab
ich mich wahnsinnig darüber gefreut,
dass Kevin Magnussen in seinem ers-
ten Grand Prix gleich aufs Stockerl
gefahren ist. Das ist einfach etwas Be-
sonderes.
Sie teilen mit Alexander Wurz die
Kommentatorenkabine. Es macht den
Eindruck, dass Sie sich gut verstehen.
Auf jeden Fall. Bei uns in der Kabine
herrscht eine entspannte Atmosphä-
re und oft geht es auch sehr lustig zu.
Als einmal bei einem Grand Prix ein
Mercedes-Fahrer in die McLaren-Box
gefahren ist, da sind wir uns sogar in
den Armen gelegen und haben Tränen
gelacht, weil das einfach so kurios war.
Solche Situationen gibt’s viele.
Wenn man Ihr Leben mit nur einem
Wort beschreiben müsste, dann wäre
„sportlich“ wohl das treffendste. Sie sind
leidenschaftlicher Skifahrer, fahren
Motocross, lieben Ihr Fahrrad, gehen
wandern und segeln, haben früher Fuß-
ball gespielt, kommentieren Formel-1-
und Skirennen. Und führen auch noch
eine Beziehung mit einer ehemaligen
Eiskunstläuferin. Was wäre Ihr Leben
ohne Sport?
Unmöglich vorstellbar! Ich habe zwar
keine Sportart so gut gekonnt, dass ich
wirklich gut darin gewesen wäre – dazu
hat mir einfach die letzte Konsequenz
gefehlt – aber Bewegung hat mir immer
große Freude gemacht. In einem Leben,
das so unstet ist aufgrund des Jobs, ist
der Sport eine ganz wichtige Konstan-
te für mich. In der Bewegung erhol ich
mich am besten. Der Drang nach Bewe-
gung ist im Laufe der Jahre sogar noch
mehr geworden. Wenn ich mich nicht
bewegen kann, dann kann ich ziemlich
unruhig werden. Und deshalb bin ich
auch so gern daheim am Attersee – da
hab ich alles vor der Haustür.
Wer so schnell im Leben unterwegs ist,
der braucht natürlich hin und wieder ei-
nen Boxenstopp. Wo machen Sie den?
Auch zuhause am Attersee. Ich will nir-
gends hinfliegen, weil mir das Fliegen
im Moment wirklich reicht. Ich glaube,
ich fliege im Jahr mehr als fünfzig Mal.
Also hab ich in meiner Freizeit nicht
das Bedürfnis, wegzufliegen - ein biss-
chen zum Leidwesen meiner Freundin.
Ich fahre maximal mit dem Auto nach
Italien, aber da muss sie mich schon
in einer schwachen Stunde erwischen.
Abgesehen von der Bereitschaft, oft ins
Flugzeug zu steigen – was braucht es
noch, um eine Karriere wie die Ihre zu
machen?
Das Wichtigste ist die Leidenschaft.
Ohne sie geht in unserer Branche
gar nichts! Und diesbezüglich ist mir
schon Heinz Prüller ein großes Vorbild.
Er hat seinen Job ähnlich interpretiert
wie ich – mit unglaublichem Ehrgeiz
und wahnsinnig viel Energie, der hat
sich wirklich aufgeopfert. Und ich bin
überzeugt, dass es nur so funktioniert.
Deshalb wurmt es mich, wenn ich
sehe, dass Nachkommende oder jün-
gere Leute dieses Engagement und die
Leidenschaft nicht haben – da fühl ich
mich fast persönlich gekränkt.
ich bin mit Leib und
seeLe oberösterreicher.
ErNst hAUsLEitNEr
ORF-KOmmentatOR