9

Herr Landeshauptmann, Ihr Terminka-
lender verrät, dass Sie heute erst um 
halb 12 nach Hause kommen werden. 
Ein Termin jagt den nächsten – quer 
durch’s Land. Sieben Tage die Woche. 
Ganz ehrlich: Wünschen Sie sich nicht 
manchmal, Sie wären einfach Religi-
onslehrer geblieben oder Rechtsanwalt 
geworden?

Pühringer: 

Diese Momente gibt’s ganz 

selten. Es wäre unehrlich, wenn man 
nicht zugibt, dass man nicht immer gut 
drauf sein kann. Aber da geht’s einem 
Landeshauptmann wahrscheinlich nicht 
anders als jedem anderen Menschen 
auch. 

Woher nehmen Sie all die Energie?

Pühringer:

 Gott sei Dank hab ich von 

Grund auf genügend. Man braucht aber 
natürlich auch Zeit zum Ausspannen. 
Keine Frage. Ich tanke auf bei meiner 
Familie, in der Natur, beim Saunieren. 

Zum Glück bin ich einer, der die Batte-

rien rasch wieder aufladen kann. 

Um dann wieder Ihr Regierungsteam 
anführen zu können. Man stellt sich 
das bestimmt einfacher vor, als es 
ist – ein Land zu regieren. Vor allem in 
Zeiten wie diesen – wo das Sprichwort 

„Geld regiert die Welt“ mehr Bedeutung 

hat denn je. Wie schafft man den Spa-
gat zwischen einerseits die Wirtschaft 

zu stärken, andererseits auf die soziale 
Gerechtigkeit zu achten?

Pühringer:

 Politik ist immer ein In-       

teressensausgleich und es geht immer 
um den gemeinsamen Nenner. Und 
die Politik ist dann gut, wenn sie nicht 
den kleinsten sondern den größten ge-
meinsamen Nenner findet. Sozialpo-
litik und Wirtschaftspolitik oder Kul-
turpolitik sind keine Gegensätze. Nur 
wenn du alle Bereiche vernünftig in 
Einklang bringen kannst, entsteht eine 
gute Politik. Klar ist: Verteilen kann 
man nur, was man zuerst erwirtschaf-
tet hat. Wer Politik auf Schuldenbasis 
macht, der macht Politik zu Lasten 
der nächsten Generationen. Daher ist 
es ganz wichtig, dass wir eine florie-

Stadtplan von Linz

 

mit Blick auf das Landhaus, wo Oberösterreichs regierung sitzt.

rende Wirtschaft haben. Die lässt uns 
leben! Und dass wir eine gute Sozi-
alpolitik haben – die lässt auch jene 
leben, denen es im Leben schlechter 
geht. Wichtig ist aber auch, dass wir in 
der Kultur- und Bildungspolitik unsere 
Aufgaben erfüllen, denn das lässt uns 
besser leben. Darum geht’s in Summe. 

Sie haben die florierende Wirtschaft 
angesprochen. Oberösterreich ist das 
stärkste Exportbundesland. Hohe 
Lohnnebenkosten und andere Rahmen-
bedingungen könnten Unternehmer 
abschrecken, weiterhin in den Standort 
Oberösterreich zu investieren. Was 
muss geschehen? 

Pühringer:

 Wir sind ein starkes Land. 

Wir sind aber exportabhängig. Denn 
das Industrieland Nummer 1 ist auch 
das Exportland Nummer 1. Und wenn 
es eine Wirtschaftskrise gibt, dann 
sind wir ordentlich betroffen. Wenn’s 
floriert, sind wir auch ordentlich be-
troffen. Aber im positiven Sinn. Der 
Standort muss daher weiter optimiert 
werden. Und da haben wir einen ganz 
scharfen Wettbewerb unter den Wirt-
schaftsstandorten. Vorrangig in Ober-
österreich ist, dass wir ein Klima ha-
ben, wo Wirtschaften Freude macht. 
Vorrangig ist das Thema Forschung 
und Entwicklung. Dass wir die For-
schungsquote anheben, das ist ganz 
entscheidend. Und dass wir dort, wo 
wir noch infrastrukturelle Defizite ha-
ben, diese rasch beheben. 

Eine Form von Export ist auch der Tou-
rismus. Der Flughafen Linz arbeitet im 
Moment daran, mehr Touristen  hierher 
zu holen. Kann das gelingen? Kann 
Oberösterreich ein ähnlich attraktives 
Urlaubsland sein wie Salzburg?

Pühringer:

 Wir sind in erster Linie In-

dustrieland, Wirtschaftsland, Dienst-
leistungsland. Natürlich auch Tou-
rismusland. Aber wir müssen damit 
leben, dass der Tourismus in Tirol, in 
Kärnten und in Salzburg eine größere 
Chance hat als bei uns. Natürlich ha-
ben wir Potentiale und diese müssen 
wir nutzen. Aber es wäre unverfroren, 
zu sagen, wir werden Salzburg oder 
Kärnten den Rang im Tourismus ab-
laufen. Das werden wir nicht schaf-
fen. Genauso wie uns die den Rang als 
Wirtschaftsland im Gesamten und als 
Industrieland im Besonderen nicht ab-
laufen werden. 

Josef Pühringer

landeShauptmann 
Von oberÖSterreich

Die Politik ist dann gut, 

wenn sie nicht den kleinsten 

sondern den größten 

gemeinsamen nenner findet.